Bericht einer 25-jährigen Patientin
Nun ist es schon über
vier Monate her, dass ich meinen letzten Erfahrungsbericht geschrieben
habe. Das ist ein langer Zeitraum und seitdem ist auch vieles passiert.
Herr Dr. Mück hat mich auch immer wieder dazu angeregt, einen weiteren
Erfahrungsbericht zu schreiben. Nicht zuletzt deshalb, weil es im Sinne
einer effektiven Selbstreflexion ungemein hilfreich ist, die persönliche
Entwicklung selber niederzuschreiben. Vieles wird eben doch wesentlich
konkreter und klarer, wenn man es einmal in Worte gefasst hat und
schwarz auf weiß vor sich sieht. Diese Erfahrung habe ich selbst immer
wieder machen dürfen. Nicht nur durch den schriftlichen Kontakt mit
Herrn Dr. Mück, sondern eben auch durch das Ausformulieren der eigenen
Gedanken in Erfahrungsberichten. Dennoch habe ich die Auseinandersetzung
mit mir selbst in Form eines neuen Erfahrungsberichtes in den letzten
Wochen vor mir her geschoben. Nicht weil es mir so schlecht ging,
sondern ganz im Gegenteil. Ich fühle mich insgesamt gut und stabil und
immer wenn ich mich hingesetzt habe, um einen Bericht zu schreiben, so
hat mich die Beschäftigung mit meiner Therapie und meinen damaligen
Problemen eher wieder belastet. Auch eben habe ich mir die alten
Erfahrungsberichte durchgelesen und dachte nur: wie konntest Du es
jemals überhaupt so weit kommen lassen. Die Probleme von damals sind mir
heute fern und es beschäftigen mich ganz andere Dinge. Vor diesem
Kontext erscheint mir meine Therapie als großer Erfolg. Ich stehe wieder
im Leben, bin sozial sehr aktiv, fliege und wenn mir eine Situation
Angst macht, dann denke ich mir: jetzt erst recht. Diese Einstellung ist
sicherlich einer der wichtigsten „neuen“ gedanklichen Automatismen, die
mir meine Therapie gebracht hat. Dennoch neige ich nach wie vor noch
dazu, in Verhaltensmuster zu fallen, die mir so gar nichts bringen und
hier muss ich gestehen, dass ich mich noch latent darauf verlasse, dass
mir Herr Dr. Mück im Zweifel sprichwörtlich „in den Hintern tritt“ und
mich entsprechend motiviert. Doch dazu später mehr.
Damit dieser
Erfahrungsbericht etwas verständlicher wird, möchte ich kurz meine momentane
Lebenssituation beschreiben: nachdem ich vor einiger Zeit mein Studium
abgeschlossen habe, bin ich nun auf der Suche nach einer Einstiegsposition.
Obwohl ich gut qualifiziert bin, mehrere Praktika absolviert habe und drei
Sprachen spreche, gestaltet sich die Jobsuche noch schwierig. Es beruhigt mich
zwar etwas, dass es meinen ehemaligen Kommilitonen auch nicht viel leichter
fällt, dennoch belastet mich die Ungewissheit sehr. Wenn ich bedenke, dass ich
zu Beginn der Therapie noch regelrechte Panik bei dem Gedanken an
Bewerbungsgespräche oder Assessment Center entwickelt habe, so sind diese
heute für mich fast Routine und es macht mir gar nichts mehr aus. Als ich
neulich bei einem AC war, habe ich mich fast über mich selbst gewundert, denn
ich habe mich förmlich um die Präsentation einer Case Study „gerissen“. Auch
hier habe ich wieder gemerkt, dass der von mir oben beschriebene Automatismus
tatsächlich schon sehr stark ist. Schwierige Situationen sehe ich heute als
Übungsmöglichkeit und sobald ich merke, dass ich etwas nicht machen möchte,
„zwinge“ ich mich dazu, weil mir auch eine mögliche Blamage lieber ist, als
jemals noch mal in alte Verhaltensmuster zu fallen.
Nachdem ich mich nun also
seit ca. vier Monaten in der Bewerbungsphase befinde, unzählige Bewerbungen
geschrieben habe, zu vielen Gesprächen eingeladen wurde und gleichzeitig auch
viele Absagen erhalten habe, hat sich dennoch noch kein konkreter Job ergeben.
Dass mich dieser Zustand noch sehr belastet, sehe ich nicht unbedingt als
therapiebedürftiges Problem an, sondern als total normal. In dieser Zeit war
ich durchweg stark motiviert. Bei unserer letzten Sitzung vor etwa vier Wochen
teilte mir Herr Dr. Mück mit, dass er seine Praxis nun für vier Wochen
schließen würde, da er einen Lehrauftrag vorbereiten muss und dann in Urlaub
fährt. Irgendwie habe ich mich ab diesem Zeitpunkt kontinuierlich in einen
„Durchhänger“ in Sachen Bewerbungen hineingesteigert. Ich hatte einfach
vorübergehend gar keine Lust, mich mit dem Thema zu beschäftigen und habe
beschlossen, bis zur nächsten Sitzung einfach nur mein Leben zu genießen (dass
dies momentan der falsche Zeitpunkt ist, um sich auf die faule Haut zu legen,
weiß ich selbst). Zwar habe ich sehr viel Spaß gehabt, tolle Gespräche
geführt, neue Eindrücke gewonnen, viele interessante Menschen kennen gelernt
und bin herumgereist, einem Job hat mich diese Zeit jedoch in keiner Weise
näher gebracht. Und viel über mich nachgedacht (Selbstreflexion) habe ich
eigentlich auch nicht. Heute hatte ich dann wieder eine Sitzung bei Herrn Dr.
Mück und je näher dieser Termin rückte, umso mehr machte sich mein schlechtes
Gewissen bemerkbar und desto mehr wurde mir die Oberflächlichkeit der letzten
Wochen klar. Einer der ersten Sätze von Herrn Dr. Mück heute war dann auch:
Sie wirken wie in einem „Durchhänger“ und ich bedauere, dass ich Ihre Dynamik
heute gar nicht spüre. Das hat mir meine ganze Verdrängung der letzten Wochen
(denn letztendlich war mein Verhalten eklatante Verdrängung, denn ich wollte
mich einfach vorübergehend mit dem Bewerbungsthema nicht beschäftigen, weil es
noch nicht so läuft, wie ich es mir vorstelle) so was von deutlich vor Augen
geführt, dass ich mich am liebsten unter meinem Stuhl verkrochen hätte. Und
ich habe mich dann während und insbesondere nach der Sitzung intensiv gefragt,
warum ich mich mit dieser Bewerbungsphase überhaupt so schwer tue und warum
ich noch so „durchhängergefährdet“ bin. Dabei ist mir aufgefallen, dass mir in
meinem Leben relativ viel einfach so zugeflogen ist. Sei es Schule, Studium,
oder Praktika, ich habe mich nie extrem bemühen müssen respektive großartig
kämpfen müssen. Und meine momentane Lebenssituation überfordert mich gerade
noch deshalb, weil ich merke, dass mir sowohl im beruflichen, aber auch im
privaten Bereich gerade nicht alles zufliegt. Ganz im Gegenteil. Und gerade
weiß ich noch nicht, wie ich das am schnellsten ändern kann.
Doch die größte
Nachdenklichkeit in Bezug auf die heutige Sitzung löste bei mir die Tatsache
aus, dass ich gesehen habe, dass in mir nach wie vor noch die Tendenz gegeben
ist, mich auf Fremdregulation zu verlassen. Im Grunde habe ich bis zur
heutigen Sitzung gewartet und habe dann die Aussagen von Herrn Dr. Mück als
Anlass genommen, mein Verhalten in Bezug auf Bewerbungen oder auch
Selbstreflexion schnellstmöglich zu modifizieren. Somit ist mir klar geworden,
dass ich leider noch dazu neige, in Durchhänger zu verfallen, wenn eine Sache
noch nicht so läuft, wie ich mir das vorstelle. Und da Herr Dr. Mück mich
nicht ewig begleiten wird, ist eine neue wichtige Erkenntnis für mich jene,
dass ich zukünftig jedem „drohenden“ Durchhänger SOFORT mit Aktivität begegnen
muss (will).
In früheren
Erfahrungsberichten hatte ich ja meine positiven Erlebnisse mit einer von
Herrn Dr. Mück initiierten Gesprächsgruppe beschrieben. Mit einer der
Teilnehmerinnen hat sich im Laufe der letzten Monate eine wunderbare
Freundschaft entwickelt, die für mich sehr wertvoll geworden ist. Da ich mich
im Rahmen dieser Gruppentermine sehr geöffnet habe, wissen die anderen
Teilnehmer natürlich sehr viel über meine persönliche Geschichte und
umgekehrt. Vor diesem Hintergrund empfinde ich die Freundschaft zu dieser
Person als große Bereicherung für mein Leben. Gleichzeitig bewegt sich diese
Freundschaft auf einem Niveau, dass ich bislang noch nicht kannte, denn ich
war noch nie mit einem Menschen befreundet, der so viel über mich weiß und bei
dem es nichts gibt, was ich mich nicht trauen würde, zu sagen. Gleichzeitig
hat diese freundschaftliche Erfahrung auch mein Verhältnis zu anderen Menschen
positiv beeinflusst. Ich finde, dass ich mir hierdurch auch angewöhnt habe,
mich insgesamt viel authentischer in meinem Umfeld zu geben und auch über
„Schwächen“ bzw. Probleme viel offener zu sprechen. Letztendlich empfinde ich
das als große Erleichterung.
In meinem letzten
Erfahrungsbericht habe ich auch das Thema „Beziehungen“ aufgegriffen und
beschrieben, dass es mir noch sehr schwer fällt, einen Menschen emotional nah
an mich heran zu lassen. Das ist noch immer ein Problem für mich. Vielleicht
liegt es auch daran, dass ich noch nicht weiß, in welche Stadt mich mein Job
führen wird. Gleichzeitig spüre ich auch noch das Verlangen in mir, mich
vielleicht noch etwas auszutoben. Denn ich empfinde mich selbst noch als
relativ brav und konservativ und zuweilen habe ich Angst, dass mir später
etwas fehlen könnte, wenn ich jetzt nicht meine Jugend nutze, um auch mal
etwas weniger „brav“ zu agieren. Doch eher glaube ich, dass ich einfach nur
noch Angst habe, mich von einem anderen Menschen „abhängig“ zu machen. Zwar
gibt es in meiner momentanen Lebensphase in emotionaler Hinsicht keine großen
Hochs, aber eben auch keine großen Tiefs. Auch hier muss ich etwas ausholen
und ein wenig Vorgeschichte einfließen lassen. Bislang habe ich drei lange
Beziehungen erlebt. Bei den ersten beiden Beziehungen ist es mir überhaupt
nicht schwer gefallen, mich zu öffnen oder Vertrauen zu schenken. Doch als
mein zweiter Freund, den ich damals sehr geliebt habe, mich verlassen hat, ist
eine Welt für mich zusammengebrochen. Diese Erfahrung hat sicherlich auch
stark die Entwicklung ausgelöst, dass ich langsam aber sicher in die seelische
Krise gerutscht bin, die dann letztendlich nicht nur meinen Wunsch sondern
auch die Notwendigkeit einer Therapie bei mir bewirkt hat. Zwar gab es danach
noch eine Beziehung, doch im Grunde genommen hatte dieser Mann zum damaligen
Zeitpunkt keine Chance, mich emotional zu erreichen. Ich habe seitdem dicht
gemacht und der Gedanke, mich erneut zu eröffnen und eventuell wieder verletzt
zu werden, löst bei mir große Sorge aus. Eigentlich kann man es auch noch
„Vermeiden“ nennen. Als ich mich heute mit der besagten Freundin aus der
Gesprächsgruppe über die Sitzung bei Herrn Dr. Mück unterhalten habe, ist mir
etwas Seltsames aufgefallen, das mir so noch gar nicht bewusst war. Verliebt
zu sein oder einen Mann „gut“ zu finden, empfinde ich noch als eine Belastung.
Man könnte ja auch meinen, dass dies ein Gefühl ist, dass ich genieße und
alles dafür tue, dies auszuleben. Doch vielmehr ist es noch so, dass ich damit
wohl noch mögliche Abhängigkeit, Verletzung oder entstehende Traurigkeit
assoziiere und mein eigenes Verliebtsein fast als Schwäche empfinde, die ich
bekämpfen muss. Das war mir so noch nicht klar und da muss ich mir noch
weitere Gedanken machen, um diesen Punkt irgendwie positiv für mich
aufzulösen.
Schließlich möchte ich erneut
das Thema Sport aufgreifen. Dieser ist zu so einem elementaren Bestandteil
meines Lebens geworden, dass mir etwas fehlt, wenn ich einmal ein paar Tage
keine Gelegenheit dazu habe. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass mir
Herr. Dr. Mück in der ersten Sitzung sagte, regelmäßiger Ausdauersport wäre
besonders hilfreich, um auch den Ruhepuls zu senken. Diesen Effekt kann ich
nur bestätigen. Während früher noch die kleinste Aufregung bei mir einen Puls
von 180 erzeugen konnte (was von mir dann häufig fälschlicherweise als Angst
gedeutet wurde), so bedarf es heute schon wesentlich mehr, um mich aus der
Fassung zu bringen. Der Kraftsport entfaltet ebenso eine sehr positive Wirkung
bei mir. Meine körperliche Stärke führt tatsächlich dazu, dass ich mich auch
geistig mutiger fühle. Auch das regelmäßige Autogene Training beruhigt mich
nachhaltig. Zwar bin ich wohl nach wie vor eher ein temperamentvoller Typ und
die Ruhe selbst werde ich wohl nie sein (ist auch nicht mein Ziel), aber diese
von mir als sehr negativ empfundene Nervosität ist verschwunden.
Insgesamt bin ich mit meiner
persönlichen Entwicklung bislang mehr als zufrieden. Ich würde sogar sagen,
dass aus mir in den letzten Monaten ein „neuer“ Mensch geworden ist. Die
Dinge, die mich heute noch belasten, sind für mich Dinge, mit denen jeder mal
zu kämpfen hat. Im Leben kann es nicht immer nur gut laufen, manchmal stehen
eben auch Herausforderungen an. Und das ich mich nun mal in einer Lebensphase
befinde, in der ich in Bezug auf meine berufliche Entwicklung, aber auch
private Beziehungen, sehr kämpfen muss, kann mir für mein weiteres Leben auch
nicht schaden. Im Gegenteil, ich hoffe, es macht mich stark.
Fortsetzung und Abschluss |