Was als „Problem“
(besser: „Herausforderung“, „Entwicklungsanreiz“) gelten soll, ist meist
das Ergebnis einer Einigung zwischen Menschen (ein Aushandeln und
Austauschen von Geschichten). Mehr oder weniger willkürlich greifen sie
aus der Fülle der miteinander verwobenen Lebensphänomene einzelne (ausschnittshaft,
durch „Interpunktion“) heraus und ernennen sie zum Problem. Was
Menschen tun, um ein
Problem zu „lösen“, ist oft genau das, was das
Problem hervorruft (Watzlawick). Probleme werden selten wirklich gelöst,
sondern man löst sich von ihnen, indem sie bedeutungslos werden. Sie sind
von „Schwierigkeiten“ (Unabänderlichkeiten) zu unterscheiden (z.B.
Diabetes). Für die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie ist es
hilfreich, sich möglichst früh auf ein möglichst genau umrissenes
„Problem“ (Focus, Konflikt) zu einigen. Statt ein Problem zu bekämpfen
(oft ist es ja ein Teil der eigenen Person), ist es hilfreicher, dieses zu
„nutzen“ (Aikido-Prinzip, "Utilisieren"). Nicht jeder Therapeut wird das von Ihnen
vorgestellte Problem als „Problem“ ansehen wollen, für das es lohnt, ein
Team (System) zur Lösung desselben zu bilden. Nicht immer hat ein System
ein Problem, mitunter kann auch ein Problem ein System erzeugen.
Unter anderem kann es auch vom Einkommensbedarf des Therapeuten oder von
den finanziellen Möglichkeiten der Gesellschaft abhängen, ob ein Therapeut
oder das Krankenkassenwesen Ihr Leiden als normale
Befindlichkeitsstörung oder als offizielle Krankheit ansehen
(Beispiele für Grenzfälle: Übergewicht und Impotenz). Nicht zuletzt kann
ein Therapeut immer nur das diagnostizieren, was er kennt bzw. mit seinen
Mitteln (Apparaten, Tests, Techniken usw.) überhaupt entdecken
(nachkonstruieren) kann. Auch „begleiten“ kann er nur soweit, wie er
selbst gekommen ist. Mitunter ist weniger das Gesagte, als das
Verschwiegene wichtig (von dem abgelenkt wird). Es ist hilfreicher „möglichkeits-„
als „problemorientiert“ zu denken und zu handeln. Ziele
(Lebensmodelle) wie „Ruhe“ erscheinen eher lebensfremd, da sie mehr an
Stillstand und Tod erinnern. „Leben“ zeichnet sich durch ständige
Veränderung, Komplexität, Zufall und „Fehler“ aus. Dies schließt nicht
aus, dass zu den grundlegenden Bedürfnissen (Motivationssystemen)
auch der Wunsch nach
Ruhe und Entspannung (bzw. Genuss) gehört. Weitere
Motivationssysteme richten sich darauf, physiologische Bedürfnisse
zu befriedigen, Bindung und Verbundenheit zu erleben(= empathische
Resonanz, affektive Übereinstimmung, Teilen von Weltanschauungen und
Überzeugungen), Bedürfnis nach Exploration und Selbstbehauptung und
das Bedürfnis, aversiv zu reagieren (durch Widerspruch und/oder
Rückzug). Problematisch ist meist weniger ein bestimmter Mensch als
vielmehr die (affektive) Kommunikation (der Umgang, die Interaktion)
zwischen diesem und anderen. |