Österreich. In einem
Übersichtsbeitrag arbeiten W. W. Fleischhacker und Mitarbeiter vier
Hauptfaktoren heraus, unter deren Einfluss die Compliance von
Schizophrenie-Patienten steht: (a) in der Person des Patienten liegende
Umstände, (b) Umweltbedingungen, (c) mit der Person des behandelnden
Arztes verbundene Faktoren und (d) die Behandlung selbst. In ihrer
Übersichtsarbeit setzen sich die Autoren eingehend mit diesen Aspekten
auseinander. Ihren Ausführungen lassen sich folgende Empfehlungen
entnehmen, die sich an den behandelnden Arzt richten:
(1)
Achte auf Alter und Geschlecht
des Patienten: Frauen sind oft kooperativer als Männer. Jüngere Männer
sind oft weniger compliant als ältere. Bei Senioren können sich
Vergesslichkeit und Multimedikation ungünstig auf die Arzneimitteleinnahme
auswirken.
(2)
Bedenke, dass die Compliance
auch von der jeweiligen Symptomatik abhängt: Patienten mit Verfolgungs-
und Vergiftungswahn, werden Medikamenten misstrauischer gegenüberstehen
als Patienten mit einer Negativsymptomatik. Bei den letzteren wird eher
ein Mangel an Motivation die Therapietreue beeinträchtigen.
(3)
Schließe aus, dass finanzielle
oder praktische Gründe den Patienten daran hindern, sein Medikament
einzunehmen (z.B. wenn der Weg zur Apotheke nur mit Verkehrsmitteln
möglich ist und das Geld für den Fahrschein fehlt).
(4)
Finde heraus, wie das
unmittelbare Umfeld des Kranken seiner medikamentösen Behandlung
gegenübersteht. So kann ein Mitpatient aufgrund eigener schlechter
Erfahrungen mit Medikamenten deinen Patienten ungünstig beeinflussen.
Mache dir immer wieder bewusst, dass auch im therapeutischen Team die
Meinungen über Neuroleptika meist sehr geteilt sind.
(5)
Erfrage, inwieweit die
Vorstellungen des Patienten und seiner Bezugspersonen von Vorurteilen
geprägt sind, wie sie nicht selten durch öffentliche Medien verbreitet
werden (Thema: „Wundermittel“ bzw. „gefährliche“ Medikamente). Korrigiere
mögliche Irrtümer.
(6)
Bestätige den Patienten immer
wieder, wenn er über positive Erfahrungen mit seiner Behandlung berichtet.
Vertraue nicht darauf, dass eine einmal vorhandene Compliance von selbst
ewig anhält.
(7)
Verdeutliche dem Kranken dein
Interesse an seiner Person, insbesondere indem du ihm ausreichend Zeit
einräumst. Gespürtes Interesse ist ein mächtiger Compliance-fördernder
Faktor!
(8)
Beziehe den Patienten und seine
Bezugspersonen möglichst aktiv in die Therapieplanung ein, beispielsweise
durch psychoedukative Angebote. Scheue dich nicht, mögliche Nebenwirkungen
zu erörtern. Es ist stimmt nicht, dass ein solches Gespräch die Compliance
verschlechtert.
(9)
Erläutere dem Kranken, dass
Wirkungen und Nebenwirkungen von Neuroleptika zeitversetzt auftreten
können. Motiviere ihn oder sie, gerade auch dann die Medikamente weiterhin
regelmäßig einzunehmen, wenn sich der Zustand deutlich gebessert hat. Da
sich das Befinden der Kranken nach Absetzen der Medikation meist nicht
schlagartig, sondern zeitversetzt verschlechtert, ist den Betroffenen der
Zusammenhang oft nicht einsichtig!
(10)
Orientiere dich an den
offiziellen Behandlungsrichtlinien. Das macht es leichter, dem Patienten
Nutzen und Sinn der Behandlung zu vermitteln. Außerdem verringert sich die
Wahrscheinlichkeit, dass der Patient beim Einholen einer zweiten Meinung
Widersprüchliches erfährt.
Nach
W. W. Fleischhacker u. a.: Factors influencing compliance in schizophrenia
patients. J. Clin. Psychiatry 2003 (64, Suppl. 16) 10-13 |