Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

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Möglichkeiten erweitern -
nicht Symptome bekämpfen


Nicht nur Schürfwunden, auch seelische Verletzungen wollen versorgt werden. Getreu der Frage „Was fehlt Ihnen?“ heilt man schneller, wenn man seine Fähigkeiten, Möglichkeiten und Lebensräume erweitert (insbesondere durch neue Erfahrungen), also „Fehlendes“ hinzufügt, statt auf das Verschwinden von Symptomen zu warten oder sich in deren Bekämpfung zu verausgaben (zumal Symptome oft die wichtige Aufgabe haben, auf noch ungelebte Bedürfnisse/Selbstverwirklichung hinzuweisen). Bildhaftes Beispiel: Wenn man Pflanzen so behandeln würde, wie man oft Menschen behandelt, würden die Pflanzen eingehen: Man kann nicht jeden Tag herumgehen und Zweige abschneiden. Oder mit einem anderen Begriff beschrieben: Es gilt, nicht frei von etwas (z.B. Angst), sondern frei trotz dieser Probleme zu werden (Freiheit zu etwas, statt Freiheit von etwas). Therapeuten sollten daher ihren Patienten immer möglichst Wahlmöglichkeiten aufzeigen. Psychotherapie erforscht die Organisation von Erfahrungen und fördert deren Veränderung (Verflüssigung) bzw. vermittelt neue Einstellungen zu diesen Gegebenheiten. Viele Menschen sind „fixiert“, wozu die Grenzen unserer Sprache (Metaphern, Kultur) beitragen, und blockieren dadurch den Fluss ihres (Er)Lebens. Meist fällt es ihnen auch schwer, bei ihren momentanen Erfahrungen (Selbstwahrnehmung, Gefühlen, Felt-sense) zu verweilen. Bei ihnen hat die (Selbst)Kontrolle derart überhand genommen, dass sie ihre Impulse kaum noch leben. Sie haben den Fuß ständig auf dem Bremspedal. Irgendwann haben sich selbst bestätigende (aufrechterhaltende) Spiralen (Endlosschleifen) eingeschliffen (am ausgeprägtesten in Form von Zwängen). Handeln „als ob“ die Lösung schon eingetreten wäre („Wunderfrage“), eröffnet gerade solchen Menschen neue Erfahrungsmöglichkeiten. Veränderungen erfolgen oft leichter durch „Wachheit“ als durch Anstrengung (die nur das „Hintergrundrauschen“ verstärkt).

Die Feststellung körperorientierter Ärzte „Ihnen fehlt (körperlich) nichts“ kann fehlleiten, da vielleicht etwas anderes „fehlt“. Nach Ansicht des Philosophen Platon wurde der Mensch am Beginn der Schöpfung in zwei Hälften geteilt, die sich ihr Leben lang suchen (ähnlich den mütterlichen und väterlichen Chromosomen in unserer Erbsubstanz). Der noch unbekannten Hälfte (dem „Schatten“) ist der Therapeut gleichsam verpflichtet. Leben und Gesundheit sind gleichbedeutend mit ständiger Entwicklung, Spontaneität und Kontakt (Resonanz)  zur Welt (der im Kranksein oft eingeschränkt ist). „Expressivität“ fördert den Kontakt. Dabei geht es nicht um das Mitteilen von Informationen, sondern um „bewegende Erzählungen“. Auch Psychotherapie ist in erster Linie ein zwischenmenschliches (bewegendes) Geschehen. Ihre Elemente (Motivation, Konzentration und Feedback) können „Flow“ und damit Glückserlebnisse vermitteln. Neue Strukturen überlagern ältere, die weiterhin verfügbar bleiben bzw. im Hintergrund wirken. Menschen entwerfen ständig sich selbst und ähneln daher mehr einem Prozess als einer fixen Struktur. Ähnlich „geschehen“ auch Affekte und Motivationen ständig in Systemen, wo sie als soziale Angelegenheiten in der Beziehung reguliert werden und deshalb keine persönliche Angelegenheit bleiben. Erfolgreiche Psychotherapie macht Menschen zusätzliche Möglichkeiten des Erlebens (Denkens und Fühlens) sowie des Verhaltens und der Körperlichkeit (Muskelentspannung, Blutdrucksenkung) verfügbar (Therapeutischer Imperativ: „Handele so, dass die Zahl der Möglichkeiten Deiner Klienten zunimmt“ = Optionen an den Barrieren schaffen. (Oder nach Perls: Lernen ist die Entdeckung – das Zulassen? - des Möglichen). Leider sind Schulen eher „Anpassungsschmieden“ (Dressurorte, „Ent-ziehungsanstalten“) als Stätten, die Möglichkeitsdenken entwickeln.

Leiden ist oft ein Mangel an Alternativen. Bestätigung fördert mitunter Stagnation. Akzeptanz erleichtert es dagegen dem anderen, sich nicht ständig schützen („Widerstand leisten“) zu müssen. Jetzt kann er sich verändern. Lehrer und Therapeuten sollten diesbezüglich wie Katalysatoren (Facilitatoren) wirken. Hilfreich ist mitunter folgender Vergleich: „Wer als Werkzeug nur einen Hammer hat, für den sieht jedes Problem wie ein Nagel aus“ (Maslow). Ein Therapeut ist wie ein Architekt, der versucht, den Wünschen seiner Auftraggeber eine fassbare Gestalt zu geben und so zu ihrer Verwirklichung beizutragen. Behandler sollten nie die Richtigkeit ihrer zugrunde gelegten Therapien beweisen wollen (was Experimente und Studien meist tun), sondern sich an den Bedürfnissen der Patienten orientieren (Laotse: „Der beste Führer ist der, der folgen kann“). Dabei gilt es, dem Erzähler und nicht seinen Berichten zu folgen, also auch bei den momentanen Erfahrungen zu bleiben und immer wieder den Bezug dazu herzustellen (siehe die Anekdote vom Schmuggler mit den Sandkarren). Es gilt Fragen zu stellen, die uns bewegen. Nichts spricht dagegen - ähnlich wie das bergab fließende Wasser - den leichtesten und nicht den kürzesten Weg oder den beschwerlichsten zu wählen (Prinzip der minimalen Anstrengung). Therapeuten bieten an und Patienten wählen das für sie Nützliche („Passende“) aus (sie passen sich nicht den Möglichkeiten und Vorstellungen des Therapeuten an - „Ungehorsam“ (= Erhalt von Freiheit) ist also zulässig und erwünscht, allerdings verbleibt auch die Verantwortung beim Patienten). Patienten sollten wissen, daß sie nicht aus Höflichkeit bei den Worten des Therapeuten verweilen müssen, sondern den Fluss ihres Erlebens weiter zulassen dürfen. Schnelle Antworten verhindern oft mehr, als das Zulassen von Gefühl und Bedeutung ermöglichen würde.