fzm - Viele Menschen nehmen während eines
Krankenhausaufenthaltes Medikamente ein, die nicht vom Arzt verordnet
wurden und die diesem verschwiegen werden. Die wenigsten Patienten
ahnen, dass sie dadurch möglicherweise den Behandlungserfolg gefährden,
warnt ein klinischer Pharmakologe in der aktuellen Ausgabe der DMW
Deutsche Medizinische Wochenschrift (Georg Thieme Verlag, Stuttgart,
2005). Prof. Walter Haefeli von der
Universität Heidelberg hat die Urinproben von Klinikpatienten
untersucht. Bei jedem fünften Patienten wies er in mehreren Stichproben
Medikamente nach, die nicht in der Krankenakte aufgeführt waren. Bei
weiteren 20 Prozent der Patienten war eine Probe positiv. Hier ist eine
Einnahme während des Krankenhausaufenthaltes zwar nicht sicher, aber
doch höchst wahrscheinlich.
"Viele Patienten verheimlichen die
Einnahme nicht bewusst", vermutet der Pharmakologe: "Langjährige Routine
oder eine einmalige reflexartige Einnahme bei akuten Beschwerden werden
beim Arztgespräch einfach nicht als Arzneimitteleinnahme erinnert." Am
häufigsten wies Prof. Haefeli übrigens Schmerz- und Beruhigungsmittel
oder Mittel gegen Sobbrennen nach.
Was auch immer der Grund sein mag. Die
Konsequenzen können schwerwiegend sein, vor allem wenn bestimmte
pflanzliche Heilmittel wie Johanneskrautöl eingenommen werden.
"Johanneskrautöl beschleunigt den Abbau anderer Medikamente in der
Leber", erläutert der Arzneimittelexperte: "Die Folge ist dann eine
Unterdosierung." Besonders gefährdet sind Menschen nach
Organtransplantationen. Wenn die Mittel zur Verhinderung einer Abstoßung
nicht mehr wirken, kann das Organ verloren gehen. Bei HIV-Patienten kann
es zu einer lebensgefährlichen Vermehrung der Viren kommen, wenn die
Virusblocker nicht mehr wirken. Solche Fälle seien an der Uni Heidelberg
schon gesehen worden.
Besonders bedenklich sind importierte
oder über das Internet gekaufte Mittel. Prof. Haefeli: "Einige
Pflanzenzubereitungen aus Asien enthalten sogar giftige Konzentrationen
an Arsen, Blei und Quecksilber." Sein Rat: Um auf der sicheren Seite zu
sein, sollten die Patienten offen mit ihrem Arzt über die Mittel
sprechen, die sie einnehmen, auch wenn es ihnen manchmal schwerfalle.
H. Kaulen:
Verheimlichte Medikamente: Schattenseite der Selbstmedikation
Deutsche Medizinische Wochenschrift 2005; 130 (1/2): 12 |