fzm -
Dass der Doktor niemals Zeit hat, ist eine weit verbreitete Klage in
überfüllten Wartezimmern. Doch in Wirklichkeit nehmen sich die Ärzte
oft mehr Zeit für das Gespräch mit ihren Patienten als diese erwarten.
Dies ergab jetzt eine Untersuchung in der Fachzeitschrift "DMW
Deutsche Medizinische Wochenschrift" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart.
2008). Sie zeigt auch: Die Dauer des Arztkontaktes sagt wenig über die
Zufriedenheit des Patienten aus.
Professor Wolfgang
Himmel, der an der Universität Göttingen Allgemeinmedizin lehrt,
befragte Patienten im Wartezimmer einer Hausarztpraxis nach ihren
Erwartungen: In einem Fragebogen sollten sie den Zeitbedarf für das
bevorstehende Gespräch mit dem Hausarzt angeben. Später wurden sie
nach ihrer Zufriedenheit mit dem Arztbesuch befragt.
Nur jeder dritte
Patient schätzte die Dauer des Arztkontaktes richtig ein. In einigen
Fällen nahm sich der Doktor weniger Zeit als erwartet, doch in mehr
als der Hälfte aller Fälle dauerte das Gespräch länger, als die
Patienten vorausgesagt hatten. Dies traf insbesondere auf Patienten
mit psychosomatischen Störungen zu. Hier nahm sich der Arzt schon
einmal eine halbe Stunde oder länger Zeit.
Patienten mit
psychosomatischen Erkrankungen unterschätzen oft die Komplexität ihrer
Erkrankungen und damit den Gesprächsbedarf, weiß Professor Himmel.
Trotzdem waren die Patienten mit psychischen Problemen später am
häufigsten unzufrieden mit dem Ergebnis der ärztlichen Konsultationen.
Professor Himmel zieht daraus den Schluss, dass die Dauer des
Arzt-Patienten-Kontaktes nicht so entscheidend für die
Patientenzufriedenheit ist, wie dies in der Öffentlichkeit häufig
angenommen wird.
Nicht jeder
Patient wünscht und benötigt ein langes Gespräch mit seinem Arzt, sagt
Professor Himmel: Wer nur eine Krankschreibung für den Arbeitgeber
braucht, ist meistens froh, wenn er die Praxis schnell wieder
verlassen kann. Auch bei rein körperlichen Erkrankungen benötigen
erfahrene Hausärzte oft nur wenige Minuten, um die richtige Therapie
einzuleiten oder fortzusetzen.
W. Stunder:
Wie gut schätzen Hausarzt-Patienten den Zeitbedarf einer Konsultation
ein?
DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2008; 133 (3): S. 67-70