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- Dass
Menschen vom Blitz erschlagen werden, ist selten geworden. Noch
ungewöhnlicher ist, dass der Stromschlag mehrere Personen gleichzeitig
trifft, wie dies fünf Wanderern passierte, die im Riesengebirge von
einem Gewitter überrascht wurden. In der Fachzeitschrift "DMW Deutsche
Medizinische Wochenschrift" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2009)
geben Experten Tipps, wie man sich am besten schützt.
Die Wanderer
befanden sich an einem Hochsommertag auf dem Abstieg von der
Schneekoppe im Riesengebirge, als sich ein Gewitter ankündigte,
berichtet Professor Emil Reisinger von der Universität Rostock. Es
hatte erst leicht zu regnen begonnen, als aus heiterem Himmel zwei
Blitze niedergingen. Der zweite schlug in eine Fichte unmittelbar
neben einem Wanderweg ein. Fünf Wanderer gingen zu Boden. Am
schlimmsten traf es einen 29-jährigen Mann, bei dem die Ärzte später
Brandblasen und Schmauchspuren am linken Ohr entdeckten, die
Eintrittsstelle des Blitzes. Verlassen hatte die Entladung den Körper
am rechten Unterschenkel, wo auf einer Fläche von 8 x 10 cm die Haare
verbrannt waren. Professor Reisinger: Der Mann erlitt einen
epileptischen Anfall und später noch Herzrhythmusstörungen und einen
kräftigen Muskelkater. Die Ärzte behandelten ihn mit
Epilepsiemedikamenten und zur Beruhigung der Herztätigkeit mit einem
Betablocker. Erst nach vier Tagen konnte er die Klinik verlassen. Noch
ein Jahr später war seine körperliche Leistungsfähigkeit herabgesetzt.
Die anderen Wanderer konnten die Klinik innerhalb eines Tages
verlassen. Bei einem hinterließ der Blitz auf der Brust ein
farnkrautähnliches Mal, die sogenannte Lichtenberg-Blitzfigur.
Wie Professor
Reisinger und seine Kollegen ausführen, sterben in Deutschland pro
Jahr noch drei bis sieben Menschen nach einem Blitzschlag. Im 19.
Jahrhundert waren es mehr als 300 Menschen - vor allem Feldarbeiter.
Heute trifft es neben Arbeitern auch Wanderer oder Schwimmer. Oft
werden sie vom Blitz überrascht, der 16 bis 20 Kilometer vom
eigentlichen Gewitter einschlagen kann. Über 0,02 Sekunden wirken dann
bis zu 100 Mio. Volt auf den Körper, so die Mediziner. Die Stromstärke
beträgt mehrere 10 000 Ampere. Der Strom meidet Knochen und Haut, wo
der elektrische Widerstand hoch ist. Geschädigt werden in erster Linie
Nerven, Muskeln und Blutgefäße, die den Strom besser leiten.
Die Mediziner
warnen: Die Blitzgefahr bei Unwettern wird häufig unterschätzt und die
gebotenen Verhaltensregeln werden meist nicht beachtet.
Freizeitsportler sollten den Wetterbericht beachten und Touren
entsprechend planen. Freizeitaktivitäten sollten, wenn möglich auf die
Morgenstunden verlegt werden, da die meisten Gewitter nachmittags
auftreten. Gefährlich ist der Aufenthalt auf Bergkämmen oder
Höhenzügen. Und neben großen Bäumen oder Sendemasten sollte man
keinesfalls Schutz suchen. Besser sei es auf einer Freifläche in die
Hocke zu gehen und die Füße dicht aneinander zu stellen, um die
gefährliche Schrittspannung zu minimieren, empfehlen Professor
Reisinger und sein Team. Die Experten raten davon ab, sich flach auf
den Boden zu legen, da das die Angriffsfläche zur Stromaufnahme stark
vergrößere.
Handys und andere
elektronischen Geräte sollte man ausschalten, Regenschirme keinesfalls
aufspannen. Schutz bieten wegen des Faraday-Käfigs auch
Auto-Innenräume. Nur sollte man es vermeiden, Metallteile darin zu
berühren. Wird dennoch ein Mensch vom Blitz getroffen und erleidet
dieser einen Herzstillstand, sollten Augenzeugen nach einem Notruf
zügig mit der Wiederbelebung beginnen. Die Erfolgsquote liege dann, so
Professor Reisinger, in den ersten fünf Minuten bei über 80 Prozent.
H. Duppel et al.:
Aus heiterem Himmel vom Blitz getroffen.
DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2009; 134 (23): S. 1214-1217