fzm - Die meisten Menschen nehmen heute mit
ihrer Nahrung weitaus mehr Salz zu sich, als notwendig und gesund ist.
Die Folge sind bei vielen Menschen ein erhöhter Blutdruck und
Folgekrankheiten wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder Nierenschäden. Prof.
Eberhard Ritz von der Universität Heidelberg schätzt, dass eine
Einschränkung der Salzzufuhr mit der Nahrung jeden zehnten Schlaganfall
und jeden zehnten Herzinfarkt verhindern könnte. Doch die zahlreichen
Studien, die dies belegen, würden selbst von Medizinern ignoriert,
schreibt Prof. Ritz in einem Beitrag zur DMW Deutsche Medizinische
Wochenschrift (Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 2004). Um die richtige
Menge Salz in der Nahrung werde in einer emotional aufgeladenen
Atmosphäre diskutiert, die rational nicht erklärbar sei. Prof. Ritz
vermutet, dass die große Bedeutung, die Salz in der Vergangenheit hatte,
hier eine Rolle spielt. "Salz ist
noch immer ein Symbol für Reinheit, Unbeflecktheit, Unbestechlichkeit,
Unvergänglichkeit und selbst für Unsterblichkeit", schreibt der
Nierenexperte mit Rückblick auf die Kulturgeschichte des Kochsalzes.
Tatsächlich begründete Salz in früheren Jahrhunderten - wie heute das
Erdöl - den Reichtum vieler Städte und Länder. Es war gleichzeitig ein
lebensnotwendiges Gut, da es zur Konservierung von Nahrungsmitteln
benötigt wurde und den Handel vieler Güter erst möglich machte. Mit Salz
wurden Verträge symbolisch besiegelt, es wurde besteuert und
geschmuggelt. Von der Bedeutung des Salzes künden heute zahlreiche
Städtenamen (von Salzburg bis Salzuflen) und Wörter (von Soldat bis
Salat).
Dieses kostbare Gut möchte - vermutlich
unbewusst - noch heute keine Mutter ihrem Kind vorenthalten. Und so
kommt es, dass selbst die Babynahrung zu salzhaltig ist. "Alle Versuche,
die frühkindliche Prägung auf Kochsalz durch eine salzreduzierte
Babynahrung zu verhindern, sind kläglich gescheitert", schreibt Prof.
Ritz. Doch gerade hier müsse angesetzt werden: "Studien zeigen, dass die
Salzzufuhr im Kindesalter den Salzappetit und die Höhe des Blutdrucks im
Jugendalter vorbestimmen."
E. Ritz et al.:
Kulturgeschichte des Kochsalz
Deutsche Medizinische Wochenschrift 2004; 129 (51/52): 2780-2783 |