fzm - Viele Patienten mit Rückenschmerzen vermeiden aus Angst vor dem
Schmerz bestimmte Bewegungen. Dieses Vermeidungsverhalten führt dazu,
dass die Schmerzen stärker oder sogar chronisch werden. Ein sport- und
krankengymnastisches Training ändert dies. Das erläutert Dr. Michael
Pfingsten von der Ambulanz für Schmerzbehandlung an der
Georg-August-Universität in Göttingen in der Zeitschrift
"Bewegungstherapie und Gesundheitssport" (Hippokrates Verlag, Stuttgart.
2005). "Man geht davon aus, dass lediglich der Beginn der
Rückenschmerzen im Zusammenhang mit einem körperlichen Trauma im Bereich
der Wirbelsäule steht. Das Ausmaß dieses Traumas kann in den meisten
Fällen aber die Aufrechterhaltung der Schmerzen über Monate bis Jahre
nicht erklären", so der Diplompsychologe. Studienergebnisse bestätigen,
dass Rückenschmerzen stark von psychischen Faktoren beeinflusst werden.
Das so genannte Angst-Vermeidungs-Modell als Reaktion auf Schmerzen ist
ein Beispiel dafür. Dadurch, dass Schmerzen und Bewegung wiederholt
zusammentreffen, verknüpfen Betroffene beides miteinander. Nicht nur
Schmerz, sondern auch Bewegung wird dadurch angstbesetzt. Die Patienten
vermeiden daraufhin, bestimmte Bewegungen und Belastungen. Dieses
Vermeidungsverhalten können sie nur schwer ablegen. Denn die Betroffenen
erleben umgekehrt nicht, dass zwischen Bewegung und Schmerz nicht
notwendig eine Verbindung besteht. Es ist daher sinnvoll, ein sport- und
krankengymnastisches Training zur Behandlung chronischer Rückenschmerzen
durch psychotherapeutische Techniken zu ergänzen. Der Therapeut sollte
den Patienten kontrolliert mit dem Schmerz auslösenden Reiz
konfrontieren. Dafür ist es nötig, den Patienten intensiv körperlich zu
aktivieren. Er soll am eigenen Verhalten erfahren, dass er sich ohne
Schmerzverstärkung bewegen kann. Sport- und krankengymnastisches
Training hat so neben der Verbesserung der Körperkoordination und
Muskelkraftsteigerung auch verhaltenssteuernde Effekte, da die Angst vor
Bewegung reduziert und ein gesundes Verhalten aufgebaut wird.
Dr. Michael Pfingsten:
Bio-psycho-soziale Einflussfaktoren bei Rückenschmerz und Konsequenzen
für die Bewegungstherapie
Bewegungstherapie und Gesundheitssport 21/2005: 152-158 |