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Selbst nach langjährigen, schwierigsten Behandlungsverläufen bei
psychiatrischen Erkrankungen ist eine Gesundung möglich. Vor drei
Jahren wurden für die Schizophrenie Remissionskriterien formuliert,
die dazu beitragen, dass die Erwartungen erhöht und die
therapeutischen Bemühungen verstärkt werden. Es handelt sich dabei
nicht nur um ein Abklingen der Symptome und eine Steigerung der
Funktionsfähigkeit, also nicht um eine Rückkehr zu einem Zustand vor
der Erkrankung, sondern vielmehr um eine Entwicklung, die es
ermöglicht, die persönlichen, sozialen und gesellschaftlichen Folgen
einer psychischen Erkrankung zu überwinden. Ein Aufsatz in der
Zeitschrift "Psychiatrische Praxis" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart.
2008) spricht bei einer solchen individuellen Einstellung von "Recovery",
wobei sich das Leben an den persönlichen Werten und Zielen orientiert
und zufrieden stellend und hoffnungsvoll verlaufen kann, auch wenn
Symptome und Behinderungen über längere Zeit weiter bestehen.
Wesentlich ist, Selbstwert und Selbstachtung unabhängig von der
Patientenrolle zu erleben und zu wissen, dass eine psychiatrische
Diagnose nicht die Entwicklung von Resilienz (Lebenskrisen
durchzustehen) verhindert. Recovery ist heute in vielen Ländern
gesundheits-politische Vorgabe für den Bereich der psychiatrischen
Versorgung und Gesundheitsförderung. Patienten als Experten in eigener
Sache, Selbstmanagement länger dauernder Erkrankungen, Beteiligung an
Entscheidungen sind Entwicklungen, die zeigen, dass Patienten eine
aktive Konsumentenrolle in einem Dienstleistungsverhältnis übernommen
haben. Die Rolle der Psychiater erweitert sich in Richtung Coaching
und Mentoring. Neue Fähigkeiten zum partnerschaftlichen Umgang mit
Entscheidungen und zur Unterstützung von Selbstbestimmung werden
unterrichtet.
Damit
entspricht Recovery dem "common sense".
M.
Amering:
Recovery – warum nicht?
Psychiatrische Praxis 2008; 35 (2); S. 55-56