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Das Nichtraucherschutzgesetz sieht ein Rauchverbot in allen
öffentlichen Einrichtungen, in Verkehrsmitteln, in der Gastronomie
sowie in Schulen und Krankenhäusern vor. Für psychiatrische Kliniken
bahnen sich Ausnahmeregelungen an, beispielsweise in
Baden-Württemberg. Bisher sah man das Rauchen als eine Art
Selbstmedikation an. Nikotin hat eine antidepressive Wirkung,
stimuliert das Belohnungszentrum im Gehirn und wirkt positiv auf
kognitive Funktionen. Eine Darstellung des Pro und Kontra in der
Zeitschrift "Psychiatrische Praxis" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart.
2008) gibt aber zu bedenken, dass ein erzwungenes Rauchverbot keinen
nachhaltigen Nutzen für psychiatrische Patienten hat, da die
Rückfallrate sehr hoch ist. Bei Veränderungen des Nikotinkonsums ist
Vorsicht geboten, da dieser den Serumspiegel einiger Psychopharmaka
beeinflusst. Ein plötzlicher Nikotinentzug kann potenziell gefährlich
werden, wenn dadurch der Spiegel einiger Medikamente in einen
toxischen Bereich steigt. Das Umgekehrte gilt bei Wiederaufnahme des
Rauchens nach der Entlassung. Daher kann man den Standpunkt vertreten,
es sei Aufgabe der Klinik, der Grunderkrankung zu behandeln und die
Autonomie des Patienten nur dann einzuschränken, wenn eine effiziente
Therapie dies erfordert.
In den letzten
Jahren hat jedoch ein Umdenken eingesetzt. Erste Erfahrungen mit
Rauchfreiheit in allen öffentlichen Zonen einer psychiatrischen Klinik
zeitigen positive Ergebnisse. Das Rauchverbot unmittelbar nach
stationärer Aufnahme führte wider Erwarten nicht zu einer
signifikanten Verschlechterung der psychiatrischen Symptomatik, auch
wenn Entzugserscheinungen auftraten. Selbst in forensischen
Einrichtungen hat man positive Erfahrungen gemacht, es kam sogar zu
einer Reduktion gewaltsamen Verhaltens. Trotz mancher Vorbehalte wurde
in der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in
Tübingen Rauchfreiheit eingeführt (mit wenigen Ausnahmen). Das
Rauchverbot in psychiatrischen Kliniken sowohl in Tübingen als auch in
Bern zeigen deutlich, dass heute möglich ist, was lange als
unvorstellbar galt.
K.
Cattapan-Ludewig, A. Batra:
Rauchfreie Psychiatrie – eine Illusion.
Psychiatrische Praxis 2008; 35 (1); S. 3-5