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Mehr als zehn Prozent der Bevölkerung leiden an
Persönlichkeitsstörungen, viele davon bleiben unbehandelt. Diese
Gruppe von Erkrankungen lässt sich ganz allgemein charakterisieren
durch ein überdauerndes Muster von innerem Erleben und Verhalten, das
merklich von den Erwartungen der soziokulturellen Umgebung abweicht,
tief greifend gestört, unflexibel und in vielen persönlichen und
sozialen Situationen eindeutig unpassend ist.
Persönlichkeitsstörungen beginnen meist in der Adoleszenz oder im
frühen Erwachsenenalter. Eine Übersicht in der Zeitschrift
"Psychiatrie und Psychotherapie up2date" (Georg Thieme Verlag,
Stuttgart. 2007) legt dar, dass die Diagnostik einer
Persönlichkeitsstörung eine große Herausforderung an den Kliniker
darstellt und hohe Qualifikation des Untersuchers voraussetzt.
Sie ist meist
ungleich schwieriger als die Diagnosestellung anderer psychischer
Erkrankungen, von denen nicht selten mehrere gleichzeitig vorliegen
und zudem eine weitere psychische Störung, zum Beispiel eine
depressive Episode, eine Persönlichkeitsstörung überlagern kann. Auch
gibt es nicht d i e Persönlichkeitsstörung, sondern acht bis zehn
Subtypen, von denen bislang hauptsächlich zur Borderline-Störung
spezifische Instrumente entwickelt wurden. Allerdings wird den meisten
Patienten mehr als ein Subtyp zugeordnet, was unterstreicht, dass es
sich nicht um klar abgegrenzte Störungen handelt. Eine möglichst
exakte Diagnose ist einerseits für die Auswahl einer effektiven
Therapie von Bedeutung, hat aber auch eine erhebliche Relevanz für die
forensische Psychiatrie, insbesondere für die Begutachtung, da diese
Störungen unter straf¬rechtlich verurteilten Menschen relativ häufig
vorkommen – man schätzt bis zu 80 Prozent.
R.-D. Stieglitz:
Diagnostik von Persönlichkeitsstörungen.
Psychiatrie und Psychotherapie up2date 2007; 1 (6): S. 413-432