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Mediziner warnen heutzutage recht einseitig vor den eher
schädigenden Einflüssen der Sonne. Dabei hat gerade das natürliche
Sonnenlicht mit allen seinen Strahlungsanteilen (UV, sichtbares Licht
und Infrarot) auch gesundheitsfördernde Aspekte. Zu therapeutischen
Zwecken wurde die Heliotherapie schon vor der Ära der Antibiotika im 19.
Jahrhundert und vor der Einführung der Künstlichen Höhensonne®
(UV-Strahler) im 20. Jahrhundert erfolgreich eingesetzt, zum Beispiel
bei Pocken und Dunkelkrankheiten wie Rachitis und Tuberkulose. Der
Heidelberger Arzt Alexander Wunsch klärt in seinem erhellenden Artikel
über "Lichtbiologie und Lichtpathologie" in der Zeitschrift
"Erfahrungsheilkunde" (Haug Verlag, Stuttgart 2006) über die positiven
und heilsamen Wirkungen von Licht und Sonne auf und rückt beide damit
wieder ins rechte Licht.
Nestor der Lichtmedizin ist der dänische Arzt Niels Ryberg Finsen
(1861-1904). Seine von ihm entwickelte negative Phototherapie, also das
Weglassen oder Ausfiltern bestimmter entzündungsfördernder
Spektralanteile des Sonnenlichtes, dient noch heute zur Behandlung von
Windpocken. Mit seiner Aktinotherapie half Finsen unzähligen, durch
Lupus vulgaris (Tuberkulose der Haut) verunstalteten Menschen. Für seine
bahnbrechenden Erkenntnisse erhielt er 1903 den Medizin-Nobelpreis.
Ohne Frage kann ein bewusster und
sorgsamer Umgang mit (Sonnen-)Licht das Immunsystem und die Psyche
stärken. Das so genannte Vitamin D, das eigentlich kein Vitamin, sondern
ein Hormon ist – sozusagen ein Sonnenhormon oder Calcitriol – wird in
der Haut unter UV-Einwirkung aus Cholesterin-Vorstufen gebildet. Es hat
lebenswichtige Eigenschaften, die sich im ganzen Körper positiv
entfalten: für den Knochenstoffwechsel, die Organe und die
Chronobiologie. "Besonders aber für die Prophylaxe von Krebserkrankungen
scheint Calcitriol eine herausragende Rolle zu spielen: Die meisten
statistisch relevanten Krebsarten treten bei ausreichend hohen
Calcitriolspiegeln signifikant seltener auf. Auch andere schwere
Erkrankungen wie die Multiple Sklerose scheinen seltener unter
Sonnenlicht beziehungsweise hohen Vitamin-D-Konzentrationen
aufzutreten", schreibt der Autor und Arzt Alexander Wunsch. Gleichzeitig
appelliert er an den gesunden Menschenverstand: Kopf und Hände eher vor
der Sonne schützen, den restlichen Körper hingegen für einige Minuten am
Tag der Sonne aussetzen, und zwar ohne Sonnencreme, denn schon ein
Schutzfaktor 15 reduziere die Calcitriolbildung um über 99 %. Dies sei
mit Sicherheit besser als mit zweifelhaftem Sonnenschutz stundenlang in
der Sonne zu braten und sich dabei auch noch auf der sicheren Seite zu
wähnen.
A. Wunsch:
Lichtbiologie und Lichtpathologie
EHK 2006; 55: 361-369 |