Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

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Nicht alle Lebendspender sind der Operation psychisch gewachsen


fzm - Die Entscheidung, einem engen Angehörigen ein Organ zu spenden und ihm dadurch vielleicht das Leben zu retten, fällt nicht allen Menschen leicht. Dies gilt insbesondere bei der Lebertransplantation. Sie ist für den Lebendspender nicht ungefährlich (auch wenn Todesfälle mit einer Rate von 0,2 bis 0,7 Prozent selten sind), und nach der Operation dauert es oft mehrere Monate bis sich die Leber des Spenders wieder erholt hat. An der Berliner Charité ließ man die ersten 87 möglichen Spender für die Lebendlebertransplantation, die dort seit Dezember 1999 durchgeführt wird, deshalb von einem Team von Psychiatern untersuchen. Diese berichteten kürzlich in der DMW Deutschen Medizinischen Wochenschrift (Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 2005) über ihre Erfahrungen.

Zu Beginn ihres Gesprächs mit den Psychiatern waren die meisten Spender hoch motiviert, erinnert sich Dr. Marc Walter von der Universität Basel, der die aufgezeichneten Gespräche wissenschaftlich ausgewertet hat. Fast alle stellten sich als "super-gesund" vor und zeigten sich in hohem Maße selbstlos. Im weiteren Gespräch offenbarten viele dann doch ihre innere Unsicherheiten. Dieses Schwanken zwischen der moralischen Verpflichtung zur Spende und den Ängsten vor der Operation und deren Folgen war bei jedem zehnten Patienten so groß, dass die Psychiater sich gegen eine Spende aussprachen, auch um die Spender vor möglichen psychischen Schäden zu schützen. "Einige reagierten erleichtert auf die Mitteilung, nicht spenden zu müssen", schreibt Dr. Walter.

Diejenigen Patienten, welche die Psycho-Tests bestanden, haben die Spende psychisch gut verkraftet. Bei den Nachgesprächen sechs Monate und ein Jahr nach der Operation hatten alle Spender ihr seelisches Gleichgewicht wieder gefunden, obwohl jeder Fünfte (22 Prozent) eine postoperative Komplikation erlitt. Häufig waren dies Probleme an den Gallengängen, die aber niemals eine Nachoperation notwendig machten. Nur eine Spenderin wurde wegen einer Nachblutung erneut operiert. Bei allen Spendern erholte sich die Leber wieder: Nach sechs Monaten hatte sie 72 Prozent, nach einem Jahr 85 Prozent der ursprünglichen Größe erreicht.

"Die Wiedereingliederung in die frühere Tätigkeit war nach durchschnittlich 3,5 Monaten abgeschlossen und kein Spender hat (übereinstimmend mit anderen Studien) die Entscheidung zur Organspende im Rückblick bereut", versichert Dr. Walter. Der Psychiater rät dennoch dringend, allen Spender psychologische Hilfen vor und nach der Operation anzubieten. Niemals dürfe der Entscheidungsprozess möglicher Spender forciert werden.

M. Walter et al.:
Psychische und somatische Aspekte der Leberlebendspende: Präoperative Evaluation und postoperativer Verlauf
Deutsche Medizinische Wochenschrift 2005; 130 (30): 1749-1755