fzm - Etwa 20.000 Menschen leben in Deutschland ohne Kehlkopf. Sie
haben, zumeist durch eine Krebsoperation, ihr natürliches Sprechorgan
verloren. Viele Patienten sind den sich daraus ergebenden seelischen
Belastungen nicht gewachsen und müssten psychologisch betreut werden,
meint die Diplompsychologin Susanne Singer, Universität Leipzig,
gegenüber der DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift (Georg Thieme
Verlag, Stuttgart, 2005).Nach der
Operation erhalten die Patienten in Deutschland eine
Anschlussheilbehandlung. "Viele schöpfen während dieser Zeit zunächst
Hoffnung", weiß die Psychologin Singer zu berichten, die im Rahmen ihrer
wissenschaftlichen Studien Kehlkopf-Operierte zu Hause interviewt hat.
Doch das erste Jahr nach der Operation werde dann zu einer seelisch
belastenden "Konfrontation mit der Realität". Das Erlernen der
Ersatzstimme gestalte sich meistens schwieriger als erwartet. Bis zu
zwei Jahre können nach den Erfahrungen von Frau Singer vergehen, bis
sich die Patienten wieder einigermaßen verständlich machen können. Diese
Zeit der sozialen Isolierung überfordere viele: Die Folge sind
Depressionen und Angststörungen. Nicht wenige Patienten bekämen ein
Alkoholproblem. Mit einer psychologischen Betreuung könnten viele
Probleme vermieden werden, glaubt die Psychologin. Doch von den 218
Patienten, die sie aufsuchte, wurde nur einer psychotherapeutisch
betreut. Eine wichtige Stütze finden viele Patienten allein bei ihrem
Lebenspartner.
Prof. Reinhold Schwarz, Leiter einer
psychologischen Beratungsstelle für Krebspatienten an der Universität
Leipzig, weist darauf hin, dass neben den sozialen Problemen auch die
Lebensqualität im körperlichen Bereich eingeschränkt sei. Die Patienten
würden, da sie nicht mehr durch den Mund (sondern durch das "Stoma" am
Hals) atmen, ihren Geruchs- und Geschmackssinn verlieren. Sie könnten
nichts Schweres heben, würden schnell kurzatmig und erkrankten häufig an
Bronchitis. Ein klebriger Speichel und ein trockener Mund würden ihnen
ebenfalls zu schaffen machen.
I. Kelm-Kahl:
Leben ohne Kehlkopf: Worunter leiden betroffene Patienten?
Deutsche Medizinische Wochenschrift 2005; 130 (24): 1484 |