Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

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Hirnleistung im Netzwerk


fzm -
Während man früher recht grobe Funktionskarten des Gehirns entworfen hat, vermittelt uns die moderne Hirnforschung recht genaue Einblicke in die Anteile verschiedener Areale der Großhirnrinde an spezifischen Hirnleistungen. Dabei fungiert das Stirnhirn als Kommandozentrale für Denkprozesse (Kognition), Affektivität und soziales Verhalten, wobei es zum Teil in einem Netzwerkverbund mit anderen Hirnanteilen zusammenarbeitet. Zu nennen ist hier vor allem das limbische System, das unter anderem für Emotionen und Gefühle zuständig ist und damit ebenfalls einen großen Anteil an der Steuerung unseres Verhaltens hat. Ein Aufsatz in der Zeitschrift "Fortschritte der Neurologie, Psychiatrie" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2008) stellt die Rolle des Stirnhirns für die Integration von Informationen aus den verschiedenen Sinneskanälen dar, was die Voraussetzungen für ein an die Umwelt angepasstes Verhalten schafft. Wir finden heute eine Unterteilung des Stirnhirns (frontaler Kortex) in funktionelle Untereinheiten, denen relativ spezifische Funktionen bei der Verhaltenssteuerung zukommen. Während in die Integration sämtlicher zur Verfügung stehenden Informationen, im Sinne einer Optimierung des Verhaltens, wohl definierte Areale involviert sind, verarbeiten andere ausschließlich Aspekte sensorischer Informationen, die mit Motivation und Emotion in Zusammenhang stehen. Einem dritten Bereich schließlich kommt insbesondere eine wichtige Rolle bei der Überwachung von Handlungsergebnissen sowie der Antriebssteuerung zu.

Die einzelnen Funktionen des Gehirns lassen sich gut aus der Evolutionsgeschichte dieses Organs ableiten. Für Störungsbilder, das heißt für Funktionsstörungen, trifft dies jedoch nicht ohne weiteres zu. Vielmehr setzt die Einsicht in mögliche Ursachen der Störungen von Kognition, Affektivität und sozialem Verhalten, wie sie uns in der Psychiatrie begegnen, ein grundlegendes Verständnis der normalen Funktionen des menschlichen Gehirns voraus. Störungen der Funktionen des Frontalhirns sind mit vielen psychiatrischen Erkrankungen in Verbindung zu setzen. Das trifft zum Beispiel bei Depression zu. Bei einem bestimmten Typ fand man klare Hinweise auf eine Volumenreduktion innerhalb frontaler Areale (Hirnschrumpfung). Bei Patienten mit solchen affektiven Störungen konnten in sämtlichen Bereichen des Frontalhirns veränderte Aktivierungsmuster beobachtet werden. Aber auch verschiedene Areale außerhalb des Frontalhirns weisen bei Depressionen Veränderungen auf. Ein anderes Beispiel sind Zwangsstörungen. Allerdings sind sie weniger auf eine Funktionsstörung isolierter Regionen des Frontalhirns zurückzuführen, sondern müssen vielmehr als Netzwerkstörungen begriffen werden.

O. Gruber:
Die funktionelle Organisation des frontalen Kortex, Teil I und II.
Fortschritte der Neurologie, Psychiatrie 2008; 76 (1); S. 49-61 und Nr. 3; S.172-185