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In der hausärztlichen Praxis leiden bis zu zehn Prozent der Patienten
unter Angst, genauer gesagt unter generalisierten Angststörungen. Die
Erkrankung beginnt zu Anfang des zweiten Lebensjahrzehnts und kann das
gesamte künftige Leben beeinträchtigen. Nach einem Aufsatz in der
Zeitschrift "Psychiatrie und Psychotherapie up2date" (Georg Thieme
Verlag, Stuttgart. 2008) gehören generalisierte Angststörungen zu den
schwerwiegendsten Erkrankungen überhaupt. Sie gehen mit einem
beträchtlichen subjektiven Leiden einher und sind mit stärkeren
Einschränkungen im täglichen Leben verbunden als viele andere
psychische und somatische Erkrankungen. Generalisierte Angststörungen
kommen auch häufiger vor als beispielsweise bipolare Erkrankungen
(auch als manisch-depressiv bekannt) oder Schizophrenie. Das
vorrangige Kennzeichen ist die Unkontrollierbarkeit der Sorgen, ein
für die Diagnose ausschlaggebendes Kriterium. Die Welt wird als
bedrohlicher Ort erlebt und der Betroffene versucht, dem
vorausschauend entgegenzuarbeiten.
Die Patienten
sorgen sich ständig über mehr oder weniger beliebige Inhalte. Wenn sie
mit einem Thema fertig sind, sorgen sie sich sofort über etwas
Anderes. Es kommt zu regelrechten Sorgenketten. Beispielsweise
beginnen Patienten sich darüber Sorgen zu machen, warum die Tochter
sich bereits um zehn Minuten verspätet haben könnte, und enden mit
Überlegungen, auf welchem Friedhof man sie beerdigen kann. Es werden
also ständig negative Assoziationen entwickelt, die von unspezifischen
Symptomen, wie erhöhter Muskelanspannung, Schlafstörungen,
Reizbarkeit, Ruhelosigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten oder
Erschöpfbarkeit begleitet sind. Für die Therapie ist wichtig, Sorgen
von anderen Formen formaler Denkstörungen abzugrenzen. Generalisierte
Angststörungen können Anlass zu vielfachen Fehldiagnosen geben. Sorgen
sind nicht frei flottierende Ängste, wie sie bei schweren Depressionen
vorkommen, wobei die Patienten Angstgefühle beschreiben, ohne zu
wissen wovor. Vielmehr weiß der Patient bei Sorgen immer, weshalb er
sich Sorgen macht. Die generalisierte Angststörung kann in
schillernden Formen jegliche Symptomatik produzieren – Ausdruck eines
ständigen Sorgens um alles und nichts. Um eine generalisierte
Angststörung erkennen und richtig diagnostizieren zu können, bedarf es
eines guten Verständnisses dessen, was unter dem Leitsymptom des sich
Sorgens – Worrying – zu verstehen ist und welche psychologischen
Prozesse dabei wirksam werden.
M. Linden:
Diagnostik der Generalisierten Angststörung.
Psychiatrie und Psychotherapie up2date. 2008; 2 (1): S. 33-43