fzm - Den
meisten Frauen wird ihr Beckenboden erst dann bewusst, wenn er bei einer
Operation oder bei der Geburt eines Babys Schaden genommen hat. Solange
die stützende Muskelschicht intakt ist und dabei hilft, Bauchorgane wie
Blase, Darm und Gebärmutter in Position zu halten, wird sie oft gar
nicht wahrgenommen. "Auch von Physiotherapeuten wird der Beckenboden oft
stiefmütterlich behandelt", sagt Hannelore Ruppert, die lange Zeit als
leitende Physiotherapeutin in einer Frauenklinik beschäftigt war. In der
Fachzeitschrift "physiopraxis" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2006)
gibt die Kölner Therapeutin nun einen Überblick darüber, wie sich
verschiedene gynäkologische Eingriffe auf den Beckenboden auswirken, und
welche Übungen diesen Bereich in seiner Funktion unterstützen können.
Bei Operationen an Gebärmutter,
Eierstöcken oder Eileitern, aber auch bei Geburten ist stets auch der
Beckenboden in Gefahr: Das Gewebe wird durch die Operation stark
gedehnt, und versorgende Nervenbahnen, die für die
Stabilisierungsfunktion notwendig sind, können verletzt werden.
Schwierigkeiten bei der Blasenentleerung oder Inkontinenz können daraus
folgen. "Nicht immer reichen physiotherapeutische Übungen aus, um eine
ausreichende Funktion der Beckenbodenregion zu erzielen", weiß Hannelore
Ruppert – manchmal hilft nur ein operativer Eingriff, um etwa
Senkungserscheinungen oder Harninkontinenz zu beheben. Dennoch sollte
die Physiotherapie bei jeder gynäkologischen Operation ihren festen
Platz haben: Behutsame Bewegungen unterstützen die Heilungsprozesse und
helfen, Verwachsungen im Operationsgebiet zu verringern oder zu
vermeiden. Darüber hinaus werden Schwellungen abgebaut und die Verdauung
wird mobilisiert.
Gezieltes aber sanftes
Beckenbodentraining spiele hier eine zentrale Rolle, erklärt Hannelore
Ruppert und verweist auf Studien, nach denen Körperbewegungen zunächst
mit einer unbewussten Stabilisierung des Rumpfes eingeleitet werden:
Zwerchfell, bestimmte Bauchmuskeln und der Beckenboden arbeiten hier eng
zusammen. Die gute Koordination dieser Muskeln ist die Voraussetzung
dafür, dass eine gute Beckenbodenstabilität nach operativen Eingriffen
wiedererlangt werden kann. Dieses Zusammenspiel sollte den Patientinnen
erklärt und die Koordination der beteiligten Strukturen geschult werden,
so die Kölner Therapeutin – denn in einer schlechten Koordination liegen
oft die Wurzeln dafür, dass Behandlungsbemühungen am Beckenboden wenig
effektiv oder gar vergeblich bleiben.
H. Ruppert:
Physiotherapie in der operativen Gynäkologie
physiopraxis 2006; 11-12: Seite 30-35 |