Viele Mediziner leiden unter den Folgen ihrer beruflichen Belastung.
Sie konsumieren mehr Alkohol, Opiate und Psychopharmaka (Benzodiazepine)
als die Allgemeinbevölkerung, die Suizidrate ist doppelt so hoch. Aus
einem Beitrag in einem Schwerpunktheft der Zeitschrift "DMW Deutsche
Medizinische Wochenschrift" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart) geht
weiterhin hervor, dass sich aufgrund ihres Lebensstils mit hohen
Arbeitszeiten, hoher beruflicher Verantwortung und wenig Freizeit ein
Großteil der deutschen Mediziner in ihrer psychischen und körperlichen
Gesundheit beeinträchtigt fühlt mit ungünstiger Auswirkung auf ihre
Lebensqualität. Diese Ärzte sind chronisch überfordert. Klassische
arbeitspsychologische und arbeitsmedizinische Prinzipien gelten nicht
nur in Industrie und Verwaltung, sondern auch in der
Gesundheitsbranche, auch im Krankenhaus. "Wenn Arbeitsanforderung und
Belohnung nicht in Balance sind, und sie sind es vielfach nicht, wird
man krank", kommentiert der Arbeits- und Sozialmediziner Professor Dr.
D. Nowak, München. Hohe Anforderungen bei geringem Einfluss auf die
Arbeitsinhalte und -bedingungen können die Gesundheit ebenso
beeinträchtigen. Abwanderung und Rückzug sind die Folge, oder Burnout,
Depression, Substanzmissbrauch und Somatisierungsstörungen. Dies
wiederum führt zu häufigeren Fehlern und schlechterer Betreuung der
Patienten. Eine Therapie wird meist erst spät in Anspruch genommen.
Wenn die Ärzte gut
behandelt werden, behandeln diese die Patienten gut. "Arztfaktor in
der Versorgungsforschung" heißt ein Projekt der Bundesärztekammer, in
dessen Rahmen Interventionsstudien zur Arbeitsgestaltung in
Krankenhäusern durchgeführt werden. Bei einem internationalen
Vergleich äußern sich US-Mediziner in Fragen zur Arbeits- und
Lebenszufriedenheit bei gleicher durchschnittlicher Arbeitszeit
signifikant häufiger sehr zufrieden als ihre deutschen Kollegen. Auch
fühlen sich US-amerikanische Ärzte durch ihren Lebensstil eher
gefördert als beeinträchtigt, während sich mehr als die Hälfte der
befragten deutschen Fachärzte stark oder sehr stark beeinträchtigt
fühlen. Weitere Faktoren, die zur höheren Lebensqualität der US-Ärzte
führen können, sind hochsignifikant mehr sportliche Betätigungen sowie
höhere Zufriedenheit mit dem Einkommen. Verhältnismäßig niedrige Werte
in einem Fragebogen zum Gesundheitszustand im psychischen Bereich
waren auch bei den niedergelassenen deutschen Medizinern in
Solo-Praxis festzustellen. Als Konsequenz wird eine Integration der
Ergebnisse zur psychischen Gefährdung bei Ärzten in die
Medizinerausbildung im Sinne einer Primärprophylaxe empfohlen.
Arztgesundheit:
Mythen, Wirklichkeit und Visionen.
Prof. Dr. med. D. Nowak, Inst. für Arbeits-, Sozial- und
Umweltmedizin. dennis.nowak@med.uni-muenchen.de
Lebensqualität bei
Ärztinnen und Ärzten.
Dr. H.B. Jurkat, Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie.
harald.jurkat@psycho.med.uni-giessen.de