Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

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Der erwachsene Zappelphilipp
 


fzm -
Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) galt lange Zeit als eine Erkrankung ausschließlich des Kindes- und Jugendalters. In jüngster Zeit kommen zunehmend auch junge Erwachsene zur Behandlung, deren psychosozialen Beeinträchtigungen mit Symptomen einer ADHS zusammenhängen. Dies war zu erwarten, da die Problematik sich bei etwa der Hälfte der Betroffenen vom Kindes- in das Jugend- und schließlich in das Erwachsenenalter fortsetzt. Dabei unterliegt die ADHS über die Zeit einem gewissen Symptomwandel, der häufig nicht mehr die Assoziation mit dem Bild des Zappelphilipps zulässt. Wie aus einem Beitrag in der Fachzeitschrift "Fortschritte der Neurologie, Psychiatrie" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2007) ersichtlich, kann sich die Symptomatik einer ADHS hinter einer gleichzeitig bestehenden psychiatrischen Störung verbergen, so dass der Untersucher die bisher wenig bekannte Störung ADHS des Erwachsenenalters nicht in Erwägung zieht.

Die Kernsymptome der ADHS, wie Konzentrationsstörungen, mangelnde Organisation des Alltagsablaufs, Ablenkbarkeit und ineffizienter Arbeitsstil, sind bei den meisten Erwachsenen zeitweise mehr oder minder vorhanden, wobei kein eigentlicher Krankheitswert vorliegt. Umso wichtiger ist eine exakte Diagnose, da eine Behandlung der ADHS zu einer wesentlichen Verbesserung von Lebensqualität und psychosozialer Funktion führt. Unbefriedigende Therapieverläufe bei Patienten mit einer undiagnostizierten ADHS, die ausschließlich wegen der anderen Störung behandelt wurden, können darin eine Erklärung finden. Bei Erwachsenen mit ADHS ist der Alkohol- und Drogenmissbrauch wesentlich erhöht.

Die Behandlung kann mit Arzneimitteln oder Psychotherapie erfolgen. Anders als bei Kindern und Jugendlichen ist jedoch in Deutschland bisher kein Arzneimittel für die Indikation ADHS im Erwachsenenalter zugelassen, obwohl positive Resultate aus dem In- und Ausland vorliegen. Daher muss der Patient das erforderliche Arzneimittel selbst bezahlen. Es handelt sich dabei übrigens um die gleiche Substanz, die – illegal – zur kognitiven Leistungssteigerung, etwa in Schule oder Studium, benutzt wird (Kognitionsverstärker). Bei stark schwankender Leistungsfähigkeit und ständiger Stimmungslabilität, die zu einer tiefgreifenden Verunsicherung der Patienten führen, ist eine kombinierte Therapie in Form von Medikamenten und Psychotherapie erforderlich, für die allerdings Monate anzusetzen ist. Ein verhaltenstherapeutischer Ansatz kann helfen, Strukturen bei chaotischer Lebensweise zu entwickeln.

J. Krause:
Die Aufmerksamkeitsdefizit-/
Hyperaktivitätsstörung bei Erwachsenen.
Fortschritte der Neurologie, Psychiatrie 2007; 75 (5): S. 293-305