Eine kleine
Anmerkung möchte ich Ihnen gerne zukommen lassen: Als homöopathische
Ärztin bemühe ich mich gewohnheitsmäßig um einen ganzheitlichen Blick und
beäuge kritisch lineares Denken, da es der Komplexität des Lebens nur
selten gerecht wird. Neuste Studienergebnisse, die das individuelle Krebs-
oder Krankheitsrisiko anhand von Ernährungsgewohnheiten, Gewichtsverlauf,
Körperformen, Nebenerkrankungen, Lebensform etc. beziffern wollen,
sind zwangsläufig immer statistisch gewonnen und sagen über den Einzelfall
gar nichts aus. Sehr gern werden kausale Zusammenhänge aus einfachen
Korrelationen "gemacht" - das Beispiel von Storchenpopulation und
Geburtenrückgang ist Ihnen ja geläufig.
Einer dieser Beiträge war
"Gewichtszunahme in den Wechseljahren erhöht Brustkrebsrisiko" vom
19.7.06. Mehrfach sah ich ähnliche Artikel zum Thema Krebs oder
Krankheitsrisiko in Ihrer Homepage-Entwicklung.
Vermutlich renne ich sogar offene Türen bei Ihnen ein, wenn ich das
Phänomen "Gewichtszunahme" mit Ihrer Interpretation von Depression
vergleiche. Sie ist ein Warnlämpchen, das eine Instabilität im
Organismus anzeigt (die sicherlich mit Krebs positiv korreliert). Aber
weder gewaltsame Abnehmversuche (Herausdrehen der Lampe) noch das
ängstliche Draufstarren (oder sich Geißeln für die erfolglosen
Diätversuche) helfen, das Problem zu lösen. Deshalb glaube ich nicht, dass
Artikel wie der o. g. helfen, das Krebsproblem zu lösen. Vielmehr, so
erscheint es mir, verstärkt es lediglich die Angst und behindert
Lebendigkeit, meiner Auffassung nach sind beides Kofaktoren zur
Krebsentstehung.
Auch das Alleinleben als Risikofaktor - taugt es nicht eher als Risiko-Indikator?
Letzteres erscheint mir wahrscheinlicher, und dann genügt es nämlich,
ÄrztInnen auf dieses Phänomen aufmerksam zu machen, damit diese ein
sorgsameres Auge auf diese PatientInnengruppe werfen. Von den
(selten grundlos) Alleinlebenden aber nun zu erwarten, aus
Prophylaxegründen mal eben eine Zweierbeziehung einzugehen oder in eine WG
zu ziehen, das halte ich für nicht hilfreich - es erhöht lediglich das
Gefühl, nicht in Ordnung und in großer Unsicherheit zu sein. Ich möchte
wetten, dass die Menschen, die glücklich und freiwillig allein leben, KEIN
erhöhtes Risiko einer Herzkreislauferkrankung haben. Aber das ist nun mal
die Minderheit, insofern kommen trotzdem noch statistisch signifikante
Zahlen heraus.
Weitere Beispiele:
"Ein dicker Bauch verkürzt das Leben" (wo es
genetisch bedingt ist, mache man einfach das Testament frühzeitig, oder?
Seit ich normalgewichtig bin, hat mein Körper "Apfelform" - seit dieser
Veröffentlichung gräme ich mich vermehrt darüber, aber nützen tut es
nichts. Im Gegenteil.)
"Vielküsser haben ein höheres Meningitisrisiko" (oder
fühlen sich unattraktiv und ungeliebt - was nebenbei schlecht für die
Immunabwehr ist - und müssen deshalb vielleicht wild herumküssen?) Die
sog. Ansteckung ist ja immer nur ein Faktor, niemals der alleinige
- wie sonst ließe sich erklären, dass immer nur einzelne an den
ansteckenden Krankheiten erkranken?
Gerade die Angsterzeugung empfinde ich in heutigen Zeiten als schädlich
und lästig, oftmals auch als durchsichtig (siehe Vogelgrippe und
Tamiflu-Promotion) und ich sehe es als meine Aufgabe, Menschen zu
ermutigen, sich ihrem individuellen Leben wieder mit mehr Vertrauen
hinzugeben und nach sich selbst und den eigenen Träumen zu sehen. Dann
folgt Gesundheit/Wohlbefinden auf dem Fuße.
Sehr gefreut habe ich mich, auch einen "Vorsorge"-kritischen Artikel zu
finden:
"Bringen Vorsorgeuntersuchungen mehr Schaden als Nutzen?"
Hier gebe ich Ihnen mehr als Recht - und so lange die konventionelle
Medizin keine besseren Therapieoptionen bei Krebs hat als die subletale
Vergiftung und Bestrahlung (nach Operation freilich), halte ich die sog.
Früherkennung durchaus für verzichtbar. Kürzlich rief mich eine Patientin
an, die am flächendeckenden Mammographie-Screening auf Einladung
teilgenommen hatte. 68 Jahre, jetzt Diagnose Brustkrebs mit allen
Konsequenzen - bis dahin sei ihr Leben beschwerdefrei und völlig im
Gleichgewicht gewesen, glücklich verheiratet, Beginn ehrenamtlicher
Tätigkeit seit Einsetzen der Rente - und nun sei alles aus. Operation,
Bestrahlung (kann selbst Krebs auslösen wie man weiß) - Rezidiv, und was
dann?
Ob sie ihren "Krebs" (Pathologen bestätigten mir, wie unsicher diese
Diagnose oft zu stellen ist) ohne diese Aktion nicht unbemerkt mit ins
Grab genommen hätte ???
Ich würde mich freuen, wenn Sie meine Gedanken nachvollziehen könnten -
ich hoffe, ich habe nicht zu viel Ihrer Zeit in Anspruch genommen.
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