Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

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Der kulturell verankerte Sinngehalt subjektiven Erlebens


Die Psychotherapie steht im Schatten der Naturwissenschaften. Während man in dieser die Ergebnisse der Forschung messen und daher quantitativ darstellen kann, können rein zahlenmäßige Auswertungen in der psychosomatischen oder sozialwissenschaftlichen Forschung ein falsches Bild ergeben. Subjektives Erleben und dessen Sinngehalt beispielsweise können im Kern nur qualitativ wiedergegeben werden. Wie ein Aufsatz in der Zeitschrift "PPmP Psychotherapie, Psychosomatik, Medizinische Psychologie" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart) darlegt, führt dies leicht dazu, dass für Fachzeitschriften eingereichte Manuskripte oder die Anträge von Drittmitteln für Forschungsprojekte falsch begutachtet werden. Dafür ist hauptsächlich das Missverständnis verantwortlich, dass es sich bei qualitativen Methoden um messtechnisch "minderwertige" Schätzverfahren handele, die den Gegenstand unscharf und durch subjektive Einflüsse des Autors verzerrt abbilden. Dabei wird verkannt, dass qualitative Forschung, die im vergangenen Jahrzehnt in der psychotherapeutischen Forschung stetig an Bedeutung zugenommen hat, sozial- und sprachwissenschaftliche Methoden meint, die Sinngehalte subjektiven Erlebens entschlüsseln. Damit gewinnen die Forscher völlig neue Einblicke in Krankheitsprozesse.

Was damit gemeint ist, sei am Beispiel der Lebensqualität erläutert. Verschiedene Skalen wurden entwickelt, um diese zu messen und zahlenmäßig zu bestimmen. Allerdings kann das Messergebnis durchaus von der Realität abweichen. So können sich objektiv negative Lebensumstände nur in relativ geringem Ausmaß auf die subjektive Lebensqualität niederschlagen. Dieses Phänomen, das innerhalb der medizinpsychologischen Forschung als Zufriedenheitsparadoxon bezeichnet wird, zeigt sich beim Vergleich von Schwerkranken versus leichter Erkrankten, von radikal versus schonend Therapierten oder von reichen versus armen Menschen. Der Grund dafür liegt darin, dass objektive Personenmerkmale, die von den Skalen gemessen werden, nur maximal 15 Prozent der Varianz der Lebensqualität aufklären, während die übrigen Faktoren abhängig von subjektiven Sinnzuschreibungen sind. Auch bei Langzeitstudien zur Lebensqualität einer Person kann nicht davon ausgegangen werden, dass man damit objektiv vergleichbare Veränderungen misst, vielmehr kommt es im Verlauf von Krankheiten zu Änderungen der zugrunde gelegten Standards, Werten und Vorstellungen. Daraus wird deutlich, dass Krankheitserleben und subjektive Einschätzung der Lebensqualität dynamische Phänomene darstellen, deren Ausprägung emotionalen und unbewussten Einflussfaktoren unterliegen. Um dieses Geschehen adäquat zu erfassen, sind Interviews oder Stegreiferzählungen erforderlich, die nach sozial- und sprachwissenschaftlichen Kriterien analysiert werden müssen.

Methodologie, Methodik und Qualität qualitativer Forschung.
PPmP Psychother Psych Med 2006; 56; Nr. 5;
S. 210-217.

Prof. Dr. med. Jörg Frommer, Klinikum Magdeburg.
E-Mail: joerg.frommer@medizin.uni-magdeburg.de