Wien/Linz (pte/06.12.2006/06:10) - Herbe
Kritik an der gängigen Übersexualisierung der Welt übt der Männerarzt
Georg Pfau
http://www.maennerarzt-linz.at im pressetext-Interview zum
Problemfall 'Sexuelle Störungen bei Männern'. "Sexualität wird vor allem
von Männern zu sehr in der Trilogie 'Erektion, Penetration, Orgasmus'
gesehen. Das zwanghafte Durchlaufen sämtlicher drei Merkmale muss
eigentlich zum Versagen führen, denn auch Männer sind keine Maschinen",
so der Mediziner über eine der Ursachen für das Versagen des 'starken
Geschlechts'. Zu konkrete Vorstellungen von Sex führen nämlich zu
Leistungsdruck, und dieser sei einer der größten Feinde von gutem Sex.
"Wir leben in einer 'übersexualisierten, aber untererotisierten Welt',
in der die sexuellen Störungen zuzunehmen scheinen", bringt es der
Experte auf den Punkt. Dieser Slogan sage schon sehr viel aus, denn der
Versuch, Sexualität auf das rein mechanische, orgiastische Erleben zu
reduzieren, schlage fehl. "Die menschliche Sexualität hat viele
Dimensionen und Facetten und ist nicht auf Reproduktion, noch weniger
auf reine Lust zu reduzieren." Nach Meinung des Mediziners gibt es vier
wesentliche Gründe, warum Sex zunehmend problematischer wird: Erstens
besteht eine allgemeine Problematik der Beziehung zwischen den
Geschlechtern. "Die Neudefinition der Geschlechterrollen führt oft zur
Verunsicherung von Männern und Frauen. Vor allem die Männer sind es, die
den Spagat zwischen Hausmann und feurigem Liebhaber immer schlechter
schaffen."
Zweitens sei es die bereits auf den Punkt gebrachte "Tabuisierung der
Erotik". "Sexualmediziner sind sich einig, dass es immer schwieriger
wird bei aller "political correctness" zwischenmenschliche Beziehungen
aufzubauen. Flirten ist gefährlich geworden, denn allzu schnell könnte
man einer sexuellen Belästigung beschuldigt werden", meint der
Mediziner. Viele Männer und Frauen würden zuerst eine gewisse Dosis
Alkohol brauchen, um sich überhaupt fähig zu fühlen, sich einzulassen.
Der dritte Punkt sei die Überbewertung des Orgasmus beim Mann. Der
vierte Punkt betrifft die generelle Kurzlebigkeit unserer Zeit. "Der
Wunsch, alles schnell und gleich erleben zu wollen, lässt einer
Vertrauensbildung zwischen den Partnern keine Chance. Und ohne das
notwendige Vertrauen gibt es keinen guten Sex", subsumiert Pfau.
In seiner Praxis gebe es immer häufiger Patienten, die unter
Versagensangst leiden, berichtet Pfau. "Die Versagensangst ist natürlich
typisch männlich. Nur Männer können beim Sex so was wie Versagensangst
entwickeln, denn sie haben den aktiven Part beim Sex, etwa durch das
Erfordernis, eine Erektion zu entwickeln." Frauen können in diesem Sinne
nicht versagen. "Das typische Problem ist auch, dass Männer dazu neigen,
ihre Ängste nicht zu verbalisieren, sondern sie durch
Vermeidungsverhalten gar nicht erst aufkommen zu lassen." Das bedeute,
dass sie lieber ganz auf Sex verzichten, als sich ihren Ängsten zu
stellen.
"Das zunächst männliche Problem wird somit auch zum Problem der Frau,
denn Sexualität funktioniert nur paarweise und sexuelle Störungen
betreffen beide Partner", meint Pfau, der betont, dass Sexualmedizin
deswegen üblicherweise auch Paartherapie sei. Die Ursache für das
Versagen ist allerdings vielschichtig und reicht von echter Krankheit
wie etwa Diabetes bis hin zu einem psychischen Problem. Deswegen bedarf
jede Erektionsstörung einer genauen Exploration durch einen Mediziner,
nicht selten ist sie nämlich nur Teilsymptom einer systemischen
Erkrankung. "Vereinfachend könnte man nun sagen, dass Versagensangst die
Folge von Versagen ist. In weiterer Folge geht man einfach allen
Situationen aus dem Weg, die das Versagen evident werden lassen
könnten." Vermeidungsverhalten sei somit eine ganz normale, menschliche
Reaktion auf solche Situationen.
Die Sexualmediziner gehen das Phänomen der Versagensangst allerdings
höchst unterschiedlich an. "Manchmal ist es das Einfachste, den Mann
mittels Medikamenten seine Versagensangst vergessen zu lassen, denn wenn
alles wieder ein paar Mal zur Zufriedenheit aller funktioniert hat, ist
der Bann meistens gebrochen", so Pfau. Dies sei allerdings nicht immer
so einfach. "Die offizielle Sexualmedizin hat ganz andere Ansatzpunkte
und versucht, sexuelle Störungen ganz anders zu therapieren, nämlich
unter Einbeziehung der Partnerin, vor allem aber ohne Hilfsmittel, die
die Sexualität erneut auf den Orgasmus reduzieren."
"Versagen ist auch beim Sex sehr häufig die Folge von zu hoch gesteckten
Erwartungen", kritisiert der Mediziner. Versagen könne man nämlich nur,
wenn die Erektion als unerlässlicher Bestandteil der Sexualität gilt.
Dies müsse aber nicht sein. "Es ist zwar nicht ganz einfach, aber
durchaus zielführend, Männer dorthin zu bringen, wo wir sie haben
wollen: befriedigenden Sex kann man auch ohne eine Erektion haben",
meint der Mediziner abschließend im pressetext-Gespräch. (Ende)
Quelle: Pressetext.Deutschland |