Köln
– Wie gesunde Ernährung auszusehen hat, ist kein Geheimnis mehr.
Dennoch leiden bis zu 40 Prozent der Deutschen an funktioneller
Dyspepsie, also Magen-Darm-Beschwerden wie saurem Magen oder
Blähungen, ohne dass eine organische Ursache vorliegt. Die Nahrungsmittel
und ihre Zubereitung können ein Faktor für solche Störungen sein. Eine
neue Forschungsdisziplin, die Neurogastroenterologie, scheint weitere
Erklärungen gefunden zu haben.
Der Verdauungstrakt fühlt mit
Psychische Prozesse und
die Verdauung sind weitaus enger miteinander verbunden als bisher
angenommen. Julia Scharnhorst, Psychologin und Vizepräsidentin des
Berufsverbands Deutscher Psychologinnen und Psychologen, weiß um diesen
engen Zusammenhang: „Wir haben nicht nur ein Gehirn im Kopf, sondern auch
eines im Bauch.“ Das so genannte Bauchhirn fühlt mit und steuert
autonom die Funktionen des Magen-Darm-Trakts. Dabei interagiert es zwar
mit dem Kopfhirn, aber 90 Prozent der gesamten Informationen gehen in Form
von Nervenimpulsen und Hormonen vom Bauch zum Gehirn! „Als Mitverursacher
funktioneller Magen-Darm-Störungen vermuten Experten daher eine gestörte
Kommunikation zwischen Bauch- und Kopfhirn“, erläutert Scharnhorst.
Das Bauchhirn verständigt
sich mit 100 Millionen Nervenzellen sowie einer eigenen Hormonproduktion
und ist so in der Lage, selbstständig Gefühle wahrzunehmen. Jeder kennt
das berühmte Bauchgefühl, das entsteht, wenn einmal gemachte Erfahrungen
mit entweder angenehmen (Schmetterlinge im Bauch) oder unangenehmen (Prüfungs-angst)
Körpergefühlen verbunden, gespeichert und in ähnlichen Situationen wieder
abgerufen werden. Lang anhaltende Furcht oder Stress hinterlässt bleibende
Spuren, nicht nur im Kopf, sondern auch im Bauchhirn.
Aber auch Stimmungen wie
Ärger oder Freude beeinflussen die Verdauung. Ursprünglich beruht dies auf
einem Urinstinkt, der Stressreaktion, die den Körper in kürzester Zeit auf
Kampf oder Flucht vorbereitet, indem Kreislauf- und Atemfunktion angeregt,
die Verdauungstätigkeit dagegen gehemmt wird. Dieser Mechanismus ist auch
heute noch dafür verantwortlich, dass bei Stress der Weitertransport der
Nahrung und ihre Aufspaltung vermindert werden. Die Verdauung kommt quasi
zum Erliegen − unangenehme Begleiterscheinungen wie Blähungen,
Völlegefühl oder Druckschmerzen sind die Folge.
Verstecktes Säure- und Luftpotenzial
Neben der Seelenlage
können auch die Nahrung und ihre Zubereitung Auslöser für
Magen-Darm-Beschwerden sein. Dr. Claudia Küpper kennt das aus ihrer
langjährigen Erfahrung als Ernährungswissenschaftlerin und Dozentin für
das Fach Ernährungslehre: „Magenübersäuerung und Sodbrennen werden
gefördert durch Übergewicht, eine ständig erhöhte Kalorienzufuhr und die
falschen Lebensmittel.“ So mindern zu fette oder zu zuckerhaltige Speisen
die Schließkraft des Muskels zwischen Magen und Speiseröhre um bis zu 30
Prozent. Eiweißreiche Lebensmittel wie Milch und Fleisch regen die
Säureproduktion an, vor allem wenn gleichzeitig zu wenig kohlenhydrat- und
ballaststoffreiche Lebensmittel verzehrt werden. Und kohlensäurehaltige
Getränke fördern das Aufstoßen und den Rückfluss von saurem Mageninhalt in
die Speiseröhre.
Blähungen und damit
verbundene Druckschmerzen sind weit verbreitet. Sie entstehen durch Gase,
die sich im Darm zu einem zähen Schaum anreichern, so dass sie den Körper
nicht mehr auf natürlichem Weg verlassen können. Normalerweise bilden sich
pro Mahlzeit etwa 1,5 Liter Darmgase, die bei der Aufspaltung der Nahrung
entstehen. 1,3 Liter davon werden über die Darmschleimhaut ins Blut
abgegeben, zur Lunge transportiert und dort ausgeatmet. Nur ein kleiner
Rest von etwa 0,2 Litern verlässt den Körper über den Darm als Pups.
Schmerzhafte Blähungen treten auf, wenn durch Stress die Darmpassage der
Nahrung verlangsamt wird oder große Mengen unverdaulicher
Nahrungs-bestandteile in den Darm gelangen. „Ballaststoffe gehören zwar
dazu, sollten aber trotzdem nicht gemieden werden, denn sie sind für eine
gesunde Darmflora und deren Immunfunktion wichtig“, rät Dr. Küpper. Daher
gilt, Ballaststoffe in möglichst bekömmlicher Form zu verzehren, etwa als
Vollkornbrot, grüne Blattsalate, Tomaten oder Möhren. Auch die
Zubereitungsart kann das „Luftpotenzial“ von Gerichten entscheidend
beeinflussen: Bayrischer Kartoffelsalat, lauwarm angerichtet, mit einer
Sauce aus Brühe und etwas Pflanzenöl statt Mayonnaise, ohne Zwiebeln und
mit zuvor in Kümmelwasser gekochten Kartoffeln ist bekömmlicher, weil er
weniger Fett enthält und die Kartoffelstärke in dieser Form besser verdaut
werden kann. Kalter Kartoffelsalat dagegen enthält eine veränderte Stärke,
die verdauungsresistenter und damit schwerer verdaulich ist.
Sanfte Hilfe für ein gesundes Bauchgefühl
Da mit der Trilogie aus
Ernährung, Psyche und Verdauung die Ursachen funktioneller
Magen-Darm-Beschwerden so vielfältig sind, muss auch das
Behandlungskonzept ganzheitlich sein. Neben der medikamentösen Linderung
der quälenden Symptome können Entspannungstechniken, eine Umstellung der
Ernährung oder auch eine psychisch orientierte Begleittherapie für ein
gutes Bauchgefühl sorgen. „Bei kurzfristig auftretenden, akuten
Beschwerden bieten wirksame und gut verträgliche Präparate aus der
Apotheke Hilfe“, empfiehlt der Gastroenterologe Dr. Michael G. Willems.
Stehen Blähungen und Druckschmerzen im Vordergrund, haben sich
entschäumend wirkende Mittel wie Lefax bewährt. Bei säurebedingten
Magenbeschwerden kann man sich auf den Wirkstoff Hydrotalcit, zum Beispiel
in Talcid, verlassen. „Beide Präparate bieten schnelle Hilfe und sind sehr
gut verträglich“, sagt Dr. Willems. Haben Betroffene sehr starke und
andauernde Beschwerden, sollten sie ihren Arzt aufsuchen, um ernsthafte
Erkrankungen auszuschließen.
Wenn das Essen der
Hauptbeschwerdeauslöser ist, sollte neben der medikamentösen Therapie
gleichzeitig eine schrittweise Ernährungsumstellung erfolgen.
Professionelle ernährungswissenschaftliche Beratung kann helfen,
versteckte Beschwerdeauslöser im Speiseplan zu finden und zu vermeiden.
Wer seine Beschwerden eher auf psychische Belastungen wie Stress
zurückführt, sollte Entspannungsmethoden wie Yoga oder au-togenes Training
ausprobieren: Sie können fast überall erlernt werden und helfen, die
Verdauung gesund zu halten.
Quelle: Presseinformatinon von Bayer
Healthcare (August 2006)
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