Lawrence/Hannover
(pte002/22.04.2011/06:10) - Wer
als Kind ein Musikinstrument lernt, schult damit sein Gehirn für das
ganze Leben. Das berichten Forscher der University of Kansas
http://www.ku.edu in der Zeitschrift "Neuropsychology". Erstmals konnten
sie die Folgen des Musizierens
im Kindesalter auch für das Seniorenalter dokumentieren. Mehrere
Gehirnfunktionen werden durch den Instrumentalunterricht nachhaltig
verbessert - was auch für Menschen gilt, die das Instrument nach der
Schulzeit an den Nagel hängen.
Gehirnschule Musik
Die Forscher
untersuchten 70 gesunde Erwachsene zwischen 60 und 83 Jahren, die sie je
nach musikalischer Erfahrung in drei Gruppen gliederten. Der erste Teil
von ihnen hatte länger als zehn Jahre hobbymäßig ein Instrument gelernt,
der zweite weniger lange, der dritte gar nicht. Alle besaßen ähnliche
Bildung und körperliche Verfassung und zeigten keine Demenz-Anzeichen.
In kognitiven Tests schnitten diejenigen am besten ab, die als Kind ein
Instrument gelernt hatten - besonders wenn es um das räumlich-visuelle
Gedächtnis, um Objektbezeichnungen oder um die Anpassungsfähigkeit an
neue Informationen ging.
Als "sehr
plausibel" wertet Eckart Altenmüller, Direktor des Instituts für
Musikphysiologie und Musikermedizin an der Hochschule für Musik, Theater
und Medien in Hannover http://www.immm.hmtm-hannover.de , die
Ergebnisse. Schon früher konnte Altenmüller zeigen, wie extrem komplex
das Gehirn beim Musizieren arbeitet (pressetext berichtete:
http://pressetext.com/news/090801003/ ) und dass zahlreiche schnelle
Strategieentscheidungen nötig sind. "Die in der US-Studie
beobachteten Effekte könnten aber auch durch unterstützendes Elternhaus,
durch Ausdauer und gutes Selbstmanagement der Musikschüler beeinflusst
sein", erklärt der Experte gegenüber pressetext.
Sechs
Monate Blockflöte
Dass das eigene
Musizieren das Gehirn schult, konnte der Hannoveraner Musikermediziner
auch in eigenen Studien zeigen.
"Musikstudenten schneiden beim visuellen Gedächtnis oder bei
Strategiebildungen besser ab als Kommilitonen aus der Medizin oder
Psychologie. Zudem zeigen Schlaganfall-Patienten bei gleichem
Schädigungsausmaß geringere Ausfälle, wenn sie früher musiziert haben."
Als wahrscheinliche Ursache nennt Altenmüller besser vernetzte
Gehirnzellen, die Kompensationen bei Ausfällen von Teilen des Gehirns
erleichtern.
"Es zahlt sich
immer aus, ein Instrument gelernt zu haben - und wenn es nur ein halbes
Jahr Blockflöte war", betont Altenmüller. Als wichtigste Bereicherung
sieht der Experte die damit erworbene emotionale Kompetenz sowie die
Erfahrung, einmal Klang mit dem eigenen Körper erzeugt zu haben.
"Wer zudem mit anderen musiziert hat - etwa im Orchester - konnte
dabei zudem gemeinschaftlich an
einem hohen Ziel arbeiten." Wie wertvoll diese Erfahrung ist,
wurde bereits mehrmals gezeigt (siehe:
http://pressetext.com/news/101222001/ ).
Lernbeginn mit Entwicklung abstimmen
Ähnliches berichten
auch die US-Forscher. Je länger die von ihnen beobachteten Senioren als
Kind Instrumentalunterricht genommen hatten, desto besser schnitten sie
bei den Gehirntests ab. Ein gleich großer Vorteil zeigte sich jedoch
auch bei jenen, die ihr Instrument nach der Lernphase nicht wieder
angerührt hatten. "Insgesamt
entscheiden vor allem die Dauer des Instrumentenlernens sowie auch das
Einstiegsalter", so Studienleiterin Hanna-Pladdy - letzteres
wegen bestimmter Zeitfenster, in denen Kindergehirne besonders plastisch
sind.
Altenburger warnt
Eltern allerdings davor, Kinder zu früh zu einem Instrument zu
dressieren. "Wichtig ist es, die Entwicklungsstadien zu berücksichtigen.
Wer weit kommen will, sollte spätestens mit zehn Jahren mit einem
Streichinstrument oder Klavier beginnen, bei Blasinstrumenten oder
Schlagzeug kann es auch später sein. Wer schon mit drei Jahren beginnt,
macht anfangs sehr langsame Fortschritte, die Starter mit sechs Jahren
schnell aufgeholt haben. Für die Plastizität des Gehirns oder die
Entwicklung eines absoluten Gehörs bringt es jedoch Vorteile." |