Jerusalem/Homburg (pte004/01.09.2011/06:00) - Alles andere als
hygienisch sind die weißen Kittel von Spitalsärzten und
Krankenschwestern: Über 60
Prozent dieser Uniformen enthalten potenziell gefährliche Keime,
berichten Forscher vom Shaare Zedek Medical Center in Jerusalem http://www.szmc.org.il
im "American Journal of Infection Control". Das Problem sieht auch Arne
Simon von der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention
am Robert-Koch-Institut
http://www.rki.de . Im pressetext-Interview fordert er die
Abschaffung der weißen Arztkittel.
Multiresistente
Keime
Die
israelischen Forscher untersuchten 75 Uniformen von
Krankenschwestern und 60 von Ärzten einer 550-Betten-Uniklinik in
Jerusalem. Mittels Standard-Bluttupfern wurden Abstriche von der
Unterleibszone, den Ärmelenden und Taschen der Kittel entnommen und auf
deren Inhalt untersucht. Über 60
Prozent aller Kleidungsstücke wurden positiv auf Krankheitserreger
getestet. Bei 27 Kulturen fanden sich auch multiresistente Bakterien, in
acht davon die gefürchteten MRSA-Keime.
Kittel zeigen nur
Status
"Weiße Kittel
sind nur Statussymbole. Sie werden zu selten gewechselt und haben keine
rationale Schutzfunktion", so der Homburger Hygieneexperte Simon
gegenüber pressetext. Dass Ärzte
ihre Arbeitskleidung teils nur einmal pro Woche wechseln, sei Folge von
Bequemlichkeit oder Vergesslichkeit. Ein schwerwiegender Fehler:
"Keime in der Kitteltasche oder am Ärmel sorgen dafür, dass Hände trotz
Dekontaminierung schnell wieder verschmutzt werden. Auch wenn es keine
Studien dazu gibt, ist eine Übertragung von Krankheiten auf diese Weise
sehr leicht möglich", so Simon.
Um Erregern
Einhalt zu gebieten, gibt es teils schon heute patientenbezogene
Schutzkleidung. "Auf Intensivstationen oder in der Onkologie halten sich
Patienten mit besonders empfindlichem Immunsystem auf. Hier gibt es
zunehmend Bereichskleidung, gegen die Ärzte ihre Kittel beim Betreten
der Station austauschen." Für den normalen Patientenkontakt sei der
weiße Kittel jedoch ohnehin überflüssig. "Das beste wäre es, die weißen
Kittel ganz abzuschaffen und durch tätigkeitsbezogene Schutzkittel zu
ersetzen. In der Kinderheilkunde gibt es das längst, nur bei
Erwachsenen wird es teils noch als fehlender Respekt gedeutet."
Sauberkeit
entscheidet
Die
israelischen Forscher schlagen aufgrund ihrer Ergebnisse noch nicht
Alarm für ein hohes Übertragungsrisiko, weisen jedoch auf die
Allgegenwart von Krankenhauskeimen in der Kleidung hin. Ob eine
Ansteckung über den Weg der Schutzkleidung erfolgt, hängt in hohem Maß
von den hygienischen Bedingungen eines Spitals ab: Das Risiko einer
Arzt-Patienten-Übertragung ist in Entwicklungsländern 20 Mal höher als
in Industrieländern, ist jedoch auch dort gegeben, wie die Studie
klarmacht. |