In der Versorgung von Menschen mit psychischen Störungen nehmen einerseits die
psychoanalytisch, andererseits die verhaltenstherapeutisch begründeten
Verfahren Schlüsselpositionen ein, sowohl in der ambulanten als auch in der
stationären Behandlung. Da beide Therapieschulen Patienten mit vergleichbaren
Störungen behandeln, sie aber sehr unterschiedliche Grundkonzeptionen
aufweisen, kommt einer vergleichenden Gegenüberstellung von Prozess und
Therapieerfolg (Outcome) dieser Verfahren besondere Bedeutung zu. Unterschiede
in der Wirksamkeit von Psychoanalyse und Verhaltenstherapie konnten in der
überwiegenden Anzahl der hierzu durchgeführten Metaanalysen nicht nachgewiesen
werden. In einem Aufsatz in der Zeitschrift "PPmP Psychotherapie,
Psychosomatik, Medizinische Psychologie" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart)
werden dagegen Vergleiche zum Therapieprozess angestellt, das heißt
hinsichtlich der jeweils realisierten therapeutischen Operationen, wobei die
Entwicklung integrativer Therapiemodelle noch nicht berücksichtigt ist.
Psychoanalytisch und verhaltenstherapeutisch begründete Therapieverfahren
weisen auf der Ebene therapeutischer Interventionen, Inhalte und Stile
ausgeprägte Unterschiede auf.
Insgesamt ergibt sich, dass die
Verhaltenstherapeuten als direktiver und stärker lenkend hinsichtlich von
Inhalten der Interaktion eingeschätzt werden. Auch vermitteln sie mehr
störungsbezogene Informationen und werden als unterstützender und empathischer
beschrieben. Man findet ferner bei Verhaltensthera-peuten eine stärkere
Ermutigung zu neuen Erfahrungen zwischen den Sitzungen. Psychoanalytisch
orientierte Therapeuten hingegen fokussieren stärker auf intrapsychische
Unstimmigkeiten, Beziehungs-themen, Emotionen sowie auf biographisch länger
zurückliegende Inhalte. Während Psychoanalytiker um das Verstehen von Gefühlen
und Beziehungen bemüht sind, zeigen Verhaltenstherapeuten eher lehrerhaftes,
didaktisches Auftreten. Allerdings verwischen sich die Grenzen, wenn
Therapeuten in der Praxis eher eklezistisch vorgehen und sich von ihrer
ursprünglichen Therapierichtung in ihren Behandlungen entfernen.
Zur theoretischen und empirischen
Unterschiedlichkeit von therapeutischen Interventionen, Inhalten und Stilen in
psychoanalytisch und verhaltenstherapeutisch begründeten Psychotherapien.
PPmP Psychother Psych Med 2006; 56; Nr. 6; S. 234-248.
Dr. phil. Dipl.-Psych. Birgit Watzke. Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.
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