Die Anzahl der Krankschreibungen und
Frühberentungen aufgrund psychischer Erkrankungen nimmt stetig zu. Um diese
Patienten ist ein harter Wettbewerb entbrannt, dem der Gesetzgeber tatenlos
zusieht. Die Tendenz geht nämlich dahin, Patientenströme von den
psychiatrisch-psychotherapeutischen Akutkranken-häusern in meist wohnortferne
psychosomatische Reha-Kliniken umzulenken. Während in der stationären
psychiatrisch-psychotherapeutischen Behandlung in den letzten zehn Jahren über
ein Drittel der Betten abgebaut wurde, steigt die Anzahl psychosomatischer
Reha-Betten kontinuierlich an. Ein Beitrag in der Zeitschrift "Psychiatrische
Praxis" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart) konstatiert, dass dadurch die
Versorgung jedoch keineswegs verbessert wird. Entgegen der allgemeinen
Forderung "ambulant vor stationär" wurden die bei den Akutkliniken frei
gewordenen Mittel nicht in eine intensivierte ambulante Versorgung investiert.
Dabei wird gern übersehen, dass rehabilitative und psychosoziale Aspekte auch
bei der Akutbehandlung sowohl im stationären als auch im ambulanten Bereich
(z. B. Tageskliniken) unverzichtbare Bestandteile darstellen. Jede
psychiatrisch-psychotherapeutische Akutklinik bietet dementsprechend auch
Maßnahmen zur Belastungserprobung und zur Wiedereingliederung in das
berufliche und private Lebensumfeld an. Es dient nämlich dem Wohle des
Patienten, wenn Akutbehandlung und Rehabilitation von identischen
Institutionen übernommen werden und nicht, wie im Moment, durch den Wechsel
des Kostenträgers ein Wechsel der Institutionen notwendig wird
Rehabilitation psychischer Erkrankungen –
ein dringend zu regelnder Problembereich.
Psychiatrische Praxis 2006; 33; Nr. 3; S. 103-104.
Prof. Dr. Mathias Berger, Universität
Freiburg. E-Mail: mathias_berger@psyallg.ukl.uni-freiburg.de |