Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

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Psychosen: Präventive Psychiatrie


In der Allgemeinbevölkerung erkranken rund ein Prozent an Schizophrenie. Sie stellt in psychiatrischen Kliniken nach der Depression die zweithäufigste Erkrankung dar. Eine Prävention, wie sie auch von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gefordert wird, könnte sowohl dem Patienten als auch dessen Angehörigen viel Leid ersparen, ganz abgesehen von gesundheits-ökonomischen Aspekten. Man müsste also diejenigen Individuen identifizieren, die ein Risiko aufweisen, später an Schizophrenie zu erkranken. Eine Pro- und Kontra-Diskussion in der Zeitschrift "Psychiatrische Praxis" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart) sieht bereits bei Frühwarnzeichen, bei deren Auftreten man einen Ausbruch der Psychose mit hoher Treffsicherheit vorhersagen kann, einen guten Ansatzpunkt für eine indizierte Prävention. Solche Prodromalsymptome bewirken oft schon selbst quälenden Beschwerdedruck, wie sozialer Rückzug, gedrückte Stimmung, Antriebsarmut, Trugwahrnehmungen und anderes, so dass die Betroffenen nach Rat und Hilfe suchen.

In den wichtigsten weltweit entstandenen Früherkennungszentren, die sich vorrangig auf psychotische Störungen beziehen, wird intensive Öffentlichkeitsarbeit betrieben, um Aufmerksamkeit für Risikofaktoren und Frühwarnzeichen zu erregen. Kommen Kontaktaufnahmen zustande, so gilt es zu unterscheiden, ob sich die Betroffenen schon in der ersten psychotischen Episode oder in einem noch psychoseferneren Risikozustand befinden. Im ersteren Fall würde man folgerichtig eine adäquate antipsychotische Behandlung empfehlen und könnte damit möglicherweise eine Verkürzung der Phase einer unbehandelten Psychose erzielen, was zu einem wesentlich besseren Ergebnis führen würde. Im letzteren Fall käme eine andere Behandlungsstrategie in Frage, wobei neuerdings rein mit psychologischen Mitteln überzeugende Präventionseffekte erzielt werden konnten.

Eine derartige Frühtherapie kann allerdings auch von Nachteil sein, etwa indem vermehrt auch solche Patienten den Risiken einer Behandlung ausgesetzt werden, deren Psychose – hätte man den Spontanverlauf abgewartet – auch ohne Therapiemaßnahmen abgeklungen wäre. Damit werden Menschen unnötigerweise verunsichert. Die mit heutigen Methoden identifizierbaren Risikopersonen entwickeln innerhalb eines Jahres in 20 bis 60 Prozent der Fälle erstmals das Vollbild einer Psychose. Das bedeutet umgekehrt, dass bis zu 80 Prozent der betreffenden Personen unnötigerweise behandelt würden. Daher bedürfen Nutzen und Schaden der Früherkennung weiterer sorgfältiger Abwägung.

Pro und Kontra: "Jeder Schizophreniekranke sollte so früh wie möglich behandelt werden".
Psychiatrische Praxis 2006; 33; Nr. 3; S. 105-107.

Pro: Prof. Dr. Joachim Klosterkötter, Universität Köln. E-Mail: joachim.klosterkoetter@uk-köln.de

Kontra: PD Dr. med. habil. Ronald Bottlender, London. E-Mail: ronald.bottlender@
elcmht.nhs.ukl