Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

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Integrierte Versorgung: Medizinische Behandlung ist nicht alles


Ärzte sind für die medizinische Behandlung zuständig. Der gesellschaftliche Wandel in den vergangenen Jahrzehnten hat dazu geführt, dass auch psychiatrisch-psychotherapeutische Patienten heute meist auf sich selbst angewiesen bleiben, wenn die medizinische Behandlung beendet ist. Am Ende steht der Patient oft vor unüberwindbar erscheinenden Hürden, seien es die Organisation eines ambulanten Hilfesystems, die Rückkehr in die Arbeitswelt, die Notwendigkeit für betreutes Wohnen, eine Heimunterbringung oder Verhandlungen mit verschiedenen Leistungsträgern. Hier haben sich sozialpsychiatrische Dienste und Einrichtungen herausgebildet, die aber zum Teil unkoordiniert nebeneinander her arbeiten. Notwendig wäre für viele Patienten eine kontinuierlich begleitende Bezugsperson, die dem Patienten hilft, die unter-schiedlichsten Probleme des Alltags und der Koordination der Therapie zu bewältigen. Hier drei Beispiele.

Beispiel 1: Eine effektive psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung erfordert häufig Zeit, wobei möglicherweise aber nur kurze stationäre Abschnitte notwendig wären. Dies kann mit geringeren Ressourcen als bisher erreicht werden, wenn die Gesamtbehandlung koordiniert und die Klinik ambulante vor stationärer Behandlung nutzen würde. Eine solche Strategie kann flexible und unbürokratische Wechsel zwischen verschiedenen Behandlungsformen erfordern. Dazu muss die strenge Abgrenzung der einzelnen Bereiche – stationär - teilstationär - ambulant – gegebenenfalls auch Reha – überwunden werden. Während bisher die stationäre Behandlung zentraler Bezugspunkt für den Patienten war, fordert ein Beitrag in der Zeitschrift "Psychiatrische Praxis" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart), die primäre Anlaufstelle künftig in die Ambulanz zu verlagern, welche die komplexe ambulante Betreuung mit fließenden Übergängen zur tagesklinischen oder vollstationären Behandlung organisiert. Mit anderen Worten: Die Behandlung soll künftig "strategisch" von der ambulanten Perspektive her gesteuert werden. Eine verantwortliche Bezugsperson begleitet den Patienten ambulant und koordiniert die übrigen notwendigen Hilfebausteine. Der teilstationäre und stationäre Klinikaufenthalt wird dadurch zur zeitlich begrenzten Phase innerhalb einer oft längeren Gesamtbehandlung.

Beispiel 2: Die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt sowie die gleichzeitige Stabilisierung und Besserung des Leistungsvermögens sind wichtige Ziele der medizinischen Rehabilitationsbehandlung. Zur weiteren Unterstützung im Rahmen einer Rehabilitationskette sind Leistungen zur beruflichen Reintegration ein wichtiger und hilfreicher Bestandteil, um das allgemeine Ziel der Rehabilitation zu erreichen. Diese Leistungen müssen vom Versicherungsträger bewilligt werden. Ein Beitrag in der Zeitschrift "PPmP Psychotherapie, Psychosomatik, Medizinische Psychologie" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart) zeigt, dass in der Psychosomatik wesentlich weniger Empfehlungen zur Überprüfung von Reintegrationsmaßnahmen gegeben und bewilligt werden als bei einer somatischen Vergleichsgruppe. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Auf der Klinikseite wird deutlich, wie wenig die Problematik der Erwerbstätigkeit und des Arbeitsmarktes in der medizinisch-psychosomatischen Rehabilitation thematisiert wird. Neben dem Angebot der ambulanten Nachsorge könnte ein berufliches Case-Management, beispielsweise durch Reha-Berater, für eine deutliche Entlastung sorgen.

Beispiel 3: Derzeit verändern sich die Bedarfsstrukturen des Gesundheitssystems mit der steigenden Anzahl der älteren Menschen. Die Verweildauer im Krankenhaus wird durch die Einführung der Fallpauschalen verkürzt, so dass ein erheblicher Rehabilitations- und Pflegebedarf im ambulanten Bereich entsteht. Wie ein Beitrag in der Zeitschrift "Psych.Pflege Heute" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart) beschreibt, setzt hier das koordinierende und integrierende Konzept des Case Management ein. Der Case Manager begleitet den Patienten und bezieht sein soziales Umfeld mit ein. Er betreut den Patienten vom Erstkontakt an und kontrolliert täglich den Behandlungs- und Betreuungsverlauf. Er dient als Lotse zu den anderen an der Versorgung beteiligten Professionen. Das Case Management ist momentan nur teilweise in die pflegerische Versorgung integriert.

Integrierte Versorgung – Perspektiven für die Psychiatrie und Psychotherapie.
Psychiatrische Praxis 2006; 33; Nr. 2; S. 53-55.
Prof. Dr. med. habil. Heinrich Kunze, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Merxhausen, Bad Emstal (Kassel). E-Mail: heinrich.kunze@zsp-kurhessen.de

Wie bedeutsam ist die berufliche Reintegration (Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben) nach stationärer psychosomatischer Rehabilitation?
PPmP Psychother Psych Med 2006; 56; Nr. 1; S. 15-22.
Dr. Dipl.-Psych. Axel Kobelt, LVA Hannover. E-Mail: axel.kobelt@lva-hannover.de

Case Management für depressive ältere Menschen.
Psych Pflege 2005; 11; Nr. 5; S. 252-255.
Simone Bauer, Hattersheim. E-Mail: simbauer@web.de