fzm - Damit wir
aufrecht gehen können, müssen eine Vielzahl von Muskeln, Gelenken und
Nervenbahnen koordiniert zusammenarbeiten. Dieses komplexe Zusammenspiel kann
von den verschiedensten Erkrankungen empfindlich gestört werden. Umgekehrt
kann ein geschulter Beobachter aus individuellen Besonderheiten des Gangbildes
Rückschlüsse auf die zugrunde liegenden Störungen ziehen. "Die Ganganalyse
gehört in den Werkzeugkasten eines jeden Physiotherapeuten", ist Johannes
Ermel deshalb überzeugt. In einem zweiteiligen Artikel, der in der September-
und der Oktober-Ausgabe der Fachzeitschrift "physiopraxis" erscheint (Georg
Thieme Verlag, Stuttgart. 2006), gibt der Ettlinger Physiotherapeut und
Sportwissenschaftler einen Überblick über die Grundlagen und Möglichkeiten der
Ganganalyse.
Der "ideale Gang" des gesunden Erwachsenen ist
ökonomisch und zeigt harmonisch fließende Bewegungsabläufe. Doch er ist
lediglich eine hypothetische Norm, von der jeder leicht abweicht, betont
Johannes Ermel - schließlich erkennt man gute Bekannte meist schon von weitem
an ihrem individuellen Gangbild. Dennoch ist es nach Ermels Ansicht sinnvoll,
Normwerte für die Ganganalyse festzulegen, denn nur mit ihrer Hilfe lassen
sich Störungen genau erfassen und Therapieerfolge quantifizieren.
Die Ganganalyse unterscheidet acht
Bewegungsphasen, die zusammen einen Gangzyklus ausmachen. Patienten mit
Gangunsicherheiten oder Sturzangst neigen dazu, diejenigen Phasen auszudehnen,
in denen beide Füße den Boden berühren. Menschen mit Gelenkschmerzen
verlängern dagegen die Standphase des Beines, in dem die Beschwerden geringer
sind. Weitere Hinweise auf mögliche Störungen gibt die Betrachtung so
genannter funktioneller Kriterien: Indem der Physiotherapeut die Schrittlänge,
die Spurbreite, den Winkel, in dem die Füße aufgesetzt werden, oder auch die
Haltung der Wirbelsäule systematisch erfasst, kann er auch Abweichungen vom
idealen Gangbild erkennen, die nicht unmittelbar ins Auge fallen.
Johannes Ermel:
Ganganalyse Teil 1: Step by Step
physiopraxis 2006; 9 (4): S. 30-33
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