London/Washington (pte/05.10.2006/06:15) - Im globalen Kampf gegen die
Fettsucht gibt es zwei Neuigkeiten: Ein anfangs viel versprechendes Medikament
von Merck http://www.merck.com
erwies sich im klinischen Test als wirkungslos und Wissenschaftler der
Brookhaven National Laboratories
http://www.bnl.gov haben festgestellt, dass Fettleibige so süchtig nach
Lebensmittel sind, wie Drogenabhängige nach ihrer Droge. Beide der
Feststellungen sind zwar nicht unmittelbare Erfolge, dennoch hoffen die
Forscher daraus neue Erkenntnisse für zukünftige Ansätze zu finden.
MK-0557 heißt das Präparat, das Merck auf den Markt bringen wollte. Insgesamt
wurde zwar schon eine Wirkung verzeichnet, allerdings nahmen jene Probanden,
die das Medikament einnahmen, im Vergleich zu jenen, die ein Placebo
verabreicht bekamen, nur 1,6 Kilogramm innerhalb eines Jahres ab, berichtet
das Wissenschaftsmagazin Nature
http://www.nature.com in
seiner Online-Ausgabe. Kritisch beurteilt das Magazin die Fülle von
untauglichen Medikamenten, die zum Teil schwere Nebenwirkungen haben. MK-0557
war allerdings im ersten Versuch sehr erfolgreich, denn die Substanz, hat im
Hirn an jenes Protein angedockt, das es auch blockieren sollte - das
appetitanregende Molekül Neuropeptid-Y. Mäuse, die diese Substanz erhielten,
zeigten deutlich weniger Appetit. Einziger Vorteil des Präparats beim Menschen
war, dass es keine schweren Nebeneffekte gab. Für den Hersteller Merck ist das
Produkt allerdings wertlos.
Der Wissenschaftler Steven Heymsfield von Merck sieht das Problem beim
Präparat MK-0557 und auch bei anderen Medikamenten gegen Fettsucht in der
Komplexität der Menschen zum Thema Essen. Die Unterbindung eines Pfades habe
offensichtlich deshalb so wenig Wirkung, weil es offensichtlich andere
Back-up-Systeme gibt, die das ausgleichen. Zu einem ähnlichen Schluss kommt
auch der Neurologe Michael Cowley von der Oregon Health & Science University.
"Monotherapien werden aller Wahrscheinlichkeit nach nicht den gewünschten
Erfolg bringen. Der menschliche Körper verfügt über gut entwickelte Systeme
und evolutionäre Gründe, sich zu überessen. Das bedeutet, dass es
wahrscheinlich multiple, parallele Systeme gibt, die dafür sorgen, dass wir
ordentlich zunehmen."
Um den inzwischen mehr als eine Mrd. Fettleibigen der Erde zu helfen, greifen
die Forscher zu allen zur Verfügung stehenden Mitteln. Das Forscherteam um
Gene Jack-Wang hat sich dafür interessiert, an welchen Teil des Gehirns die
Meldung der Sättigung oder des Hungers bei Fettleibigen geht. Dazu haben sie
Probanden einen radioaktiven Zuckerwürfel gegeben und mit einem Scanner den
Weg des Zuckers bis zur Metabolisierung im Gehirn verfolgt. Bekannt war, dass
der Vagus-Nerv, der vom Bauch zum Hirn läuft, eine wesentliche Rolle spielt
und dass der Hypothalamus das "Hungerzentrum" des Gehirns ist. Neu aber war,
dass die Forscher bei der Magenstimulation auch eine aktivierte
Hippocampus-Region im Hirn vorfanden. "Diese ist für Plastizität, Lernen und
Gedächtnis verantwortlich, wird aber auch bei Drogensüchtigen aktiviert, wenn
es darum geht, mehr und mehr zu bekommen", erklärt der Forscher. Es sei
ähnlich wie das Bedürfnis nach Kokain bei Süchtigen. Die Wissenschaftler
schließen daraus, dass bei Fettleibigen Essen zur Sucht wird - ähnlich wie
jenes Suchtverhalten bei Drogen.
"Das ist auch ein Grund dafür, warum man Fettleibigkeit so schwer bekämpfen
kann", meint der Wissenschaftler. Die Entscheidung zum Essen betrifft Emotion
und das kognitive System gleichzeitig. "Die Studie zeigt damit, dass das
Gehirn versucht den Körper zu manipulieren und nicht umgekehrt." Es könne zum
Beispiel sein, dass Fettleibige immer noch ein Hungergefühl verspüren, obwohl
sie eine Nahrungsmenge zu sich genommen haben, die andere Menschen vollständig
sättigen würde. "Die Studie macht auch deutlich, dass man keine magische
Wunderwaffe gegen Fettleibigkeit finden kann", so Wang. (Ende)
Quelle: Pressetext.Deutschland |