Eine
Erkrankung, die meist schon im Kindes- und Jugendalter einsetzt, hat
man noch nicht so recht im Griff, sei es, dass sie nicht rechtzeitig
diagnostiziert oder das eingesetzte Medikament nicht regelmäßig
eingenommen wird. Es handelt sich um die
Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, kurz ADHS genannt.
Dieses Syndrom ist charakterisiert durch Unaufmerksamkeit und
Zerstreutheit, Ruhelosigkeit, Unfähigkeit, still zu sitzen und
Schwierigkeiten, sich auf irgendetwas zu konzentrieren. Diese Kinder
können in einer normalen Schule nicht unterrichtet werden. ADHS wird
neuerdings gehäuft auch bei Erwachsenen diagnostiziert. Zur Behandlung
kommt neben Psychotherapie nur ein Medikament in Frage mit dem
Handelsnamen Ritalin, das üblicherweise stimulierende Wirkung hat und
– in missbräuchlicher Weise – zur kognitiven Leistungssteigerung bei
Gesunden genutzt werden kann, das bei der ADHS aber beruhigend wirkt.
Aus einem Beitrag in der Zeitschrift „Psychiatrische Praxis“ (Georg
Thieme Verlag, Stuttgart) geht hervor, dass drei Viertel der
unbehandelten Kinder das Risiko tragen, im Erwachsenenalter
rauschgiftsüchtig zu werden. Die Behandlung gestaltet sich dann
äußerst kompliziert, weil es zwar unter Ritalin zu einer Reduktion der
ADHS-Symptome sowie zu einer Verringerung des Suchtmittelkonsums
kommt, weil aber die Patienten Null Compliance zeigen, sich nicht in
den Stationsalltag einfügen, die Behandlung vorzeitig abbrechen und
häufig wieder aufgenommen werden müssen. Dabei verschlechtert sich der
physische und psychische Zustand sukzessive. Dem Pflegepersonal kommt
eine zentrale Bedeutung in der zusätzlichen Diagnose zu, da die
Patienten ja mit der Diagnose „Drogensucht“ aufgenommen wurden.
Diagnostik und Behandlung der
Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) bei
substanzabhängigen Erwachsenen im stationären und ambulanten Setting.
Psychiat Prax 2006; 33; Nr. 5; S. 240-244.
Uwe Wolf, Ev. Krankenhaus Königin Elisabeth Herzberge. E-Mail: u.wolf@keh-berlin.de |