Kindliche Angststörungen fast immer heilbar
DGKJP: Jedes fünfte Kind leidet
unter behandlungsbedürftigen Ängsten
Jedes fünfte Kind in Deutschland leidet unter Phobien,
Panikattacken und anderen behandlungsbedürftigen Angststörungen. Jedoch
können nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und
Jugendpsychiatrie (DGKJP) die verschiedenen Ängste bei 82 Prozent der
Kinder dauerhaft gelindert oder beseitigt werden. Noch erfolgreicher ist
die Therapie von Trennungsängsten: Hier ist bei bis zu 96 Prozent der
Betroffenen Heilung möglich.
Angststörungen gehören zu den häufigsten psychiatrischen Erkrankungen im
Kindes- und Jugendalter; besonders geballt treten sie zwischen dem
sechsten und zwölften Lebensjahr auf. „Etwa jedes fünfte Kind hat stark
ausgeprägte Ängste, die die Schulleistungen, den Kontakt zu
Gleichaltrigen oder das familiäre Zusammenleben beeinträchtigen“, sagt
Prof. Bernhard Blanz von der DGKJP.
Besonders häufig haben Kinder und Jugendliche generalisierte
Angststörungen (übertriebene Sorgen bezüglich alltäglicher Ereignisse),
Trennungsängste (Verlust einer wichtigen Bezugsperson) und soziale
Phobien (Angst, sich vor anderen zu blamieren). Oft treten auch
depressive Verstimmungen auf.
Kinder mit Angststörungen sollten sich frühzeitig einer Therapie
unterziehen, damit Platzangst oder Panikattacken nicht zum ständigen
Begleiter werden. „Ziel der Behandlung ist es, die jungen Patienten in
die Lage zu versetzen, sich in Angst auslösenden Situationen zu
behaupten, ohne etwa wegzulaufen“, erläutert Prof. Blanz.
Die Verhaltenstherapie ist die Erfolg versprechendste Methode, wie die
DGKJP betont. Sie beinhaltet etwa Rollenspiele, Verhaltensübungen und
Entspannungstraining; auch werden die Kinder und Jugendlichen mit den
Angst auslösenden Reizen konfrontiert. Prof. Blanz: „Weiterhin empfiehlt
sich ein so genanntes multimodales Vorgehen, das sich auf die Säulen
Beratung, Psychotherapie, familienbezogene und medikamentöse Therapie
stützt. Mit diesen Methoden gelingt es beinahe in allen Fällen, eine
deutliche Verbesserung der Symptomatik zu erzielen.“
Die Ursachen: Veranlagung und Umwelt
Die Gene sind an der Entstehung von Angsterkrankungen maßgeblich
beteiligt, wie Zwillings- und Familienstudien ergeben haben. Eineiige
siebenjährige Zwillinge äußerten sich bezüglich ihrer Ängste beinahe
identisch, während die Abweichungen bei zweieiigen Zwillingen erheblich
größer waren. Leidet ein Elternteil an einer Angst- oder depressiven
Störung, erhöht sich das Erkrankungsrisiko für das Kind um das Vier- bis
Achtfache.
Neben der genetischen Veranlagung prägt auch das elterliche Verhalten
die kindliche Psyche: „Mütter von scheuen und ängstlichen Kindern sind
selbst wesentlich häufiger unsicher und angsterfüllt als Mütter
verhaltensnormaler Kinder“, erläutert Prof. Blanz (DGKJP) aus Jena. Auch
der positive Einfluss familiärer Unterstützung ist belegt: „Wenn Mütter
ihre scheuen Kinder liebevoll und stetig ermutigen, unbekannten
Situationen nicht auszuweichen, erwerben sie soziale Kompetenzen, die
sich von jenen Gleichaltriger ohne Angst nicht unterscheiden.“
Und wächst sich die Ängstlichkeit mit dem Ende der Kindheit aus? Nicht
in jedem Fall, sagt die DGKJP und verweist auf eine Untersuchung, in der
ängstliche Kinder und Jugendliche neun Jahre lang beobachtet wurden. Ihr
Risiko, auch im Erwachsenenalter häufiger von Ängsten heimgesucht zu
werden, ist doppelt so hoch gegenüber nicht ängstlichen Mädchen und
Jungen.
Welche Ängste sind normal?
„Und wenn niemand mit mir spielen will?“ - „Lass mich nicht allein!“
Solche angsterfüllten Äußerungen gehören laut DGKJP zur normalen
Entwicklung: Babys zwischen sechs und neun Monaten haben Angst vor
Fremden, Einjährige leiden unter Trennungsängsten, Drei- und Vierjährige
fürchten sich vor Dunkelheit und dem Alleinsein. Unabhängig vom Alter
haben die meisten Kinder Angst davor, von einem Auto angefahren zu
werden, irgendwo herunterzufallen, Spinnen oder Schlangen zu begegnen.
Mit wachsender Fähigkeit, zwischen Phantasie und Wirklichkeit zu
unterscheiden, gewinnen realere Vorstellungen wie Angst vor Krankheit,
Verletzung oder besonderen Situationen an Bedeutung.
Grundsätzlich hat
Angst eine Warnfunktion: In Sekundenbruchteilen wird eine Vielzahl von
Nerven aktiviert, die das Herz rasen und den Puls in die Höhe schießen
lassen. Die Atmung wird intensiver, Muskeln verspannen sich, Schweiß
fließt. Im Gehirn wird die Bedrohung mit früheren Ereignissen
verglichen. Das wiederholte Bewältigen ähnlicher Situationen führt in
der Regel zur Verminderung und Überwindung der Angstgefühle.
Quelle:
DKJP |