Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

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Autismus: Das Leid der Eltern lindern

DGKJP empfiehlt Training und Beratung für Angehörige

Spätestens seit „Rain Man“ - dem Film, in dem Dustin Hoffman einen stark verhaltensauffälligen Mann spielt - ist Autismus als Krankheit ins Blickfeld der Öffentlichkeit gerückt. Wesentlich weniger Beachtung finden die Angehörigen, insbesondere die Eltern der Erkrankten, die vor zahlreichen Problemen stehen und oft Hilfe benötigen. Für sie gibt es inzwischen spezielle Beratungs- und Trainingsangebote, die sehr erfolgreich sind. Wie die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie (DGKJP) mitteilt, kann mit diesen Maßnahmen bis zu 90 Prozent der Eltern geholfen werden.

Betreuung und Pflege von autistischen Kindern werden zu einem Großteil von den Eltern, vor allem der Mutter, erbracht. „Ein normales Familienleben ist in solchen Fällen kaum möglich“, weiß Prof. Fritz Poustka von der DGKJP. Die alltäglichen Belastungen im Zusammenhang mit der Erkrankung des Kindes führen bei einigen Eltern dazu, dass sie selbst psychische Probleme bekommen, vor allem depressive Verstimmungen sowie Gefühle von Niedergeschlagenheit und Hoffnungslosigkeit. „Auch das Zusammenspiel der Familienmitglieder kann beeinträchtigt sein“, so der Kinder- und Jugendpsychiater aus Frankfurt.  „Die Ehepartner machen sich gegenseitig Vorwürfe, gesunde Geschwister fühlen sich nicht genug beachtet.“

Eigenes Leben nicht vernachlässigen

Die eigenen Bedürfnisse der betreuenden Angehörigen kommen meist zu kurz. Sie dürfen jedoch nicht vernachlässigt werden, wie Prof. Poustka betont: „Trotz der schwierigen Situation sollten die Eltern auf jeden Fall auch weiterhin ihr eigenes Leben führen. Das Kind braucht Mutter und Vater langfristig, deshalb muss sich jeder auch Phasen der Erholung und Entspannung gönnen.“

Regelmäßig sollten Eltern und Kind ambulante Beratungstermine mit erfahrenen Kinder- und Jugendpsychiatern vereinbaren. Für einen emotionalen und praktischen Austausch können Eltern an Selbsthilfegruppen teilnehmen; von besonderer Bedeutung ist hier der Bundesverband „Hilfe für das autistische Kind“ (www.autismus.de), in dem mehr als 4.000 Eltern in 40 Regionalzentren organisiert sind. Prof. Poustka: „Um vor allem die Mütter zu entlasten, kann eine stundenweise Aufsicht des Kindes beantragt werden. Ferner gibt es einige Kurzpflegeeinrichtungen, die autistische Kinder einige Wochen betreuen, um der Familie einen Urlaub ohne Sorge und Verantwortung für das autistische Kind zu ermöglichen.“

Weitere wichtige Möglichkeit ist die Elternberatung und -schulung durch qualifizierte Therapeuten. In speziellen Kursen erfahren die Eltern theoretische Hintergründe über die Erkrankung und ihre Behandlungsmethoden; sie erlernen in Form von Rollenspielen Strategien, wie sie in bestimmten Situationen reagieren können, und tauschen Erfahrungen mit anderen Müttern und Vätern aus. „Diese Kurse haben sich als sehr effektiv erwiesen“, erläutert Prof. Poustka (DGKJP). „Verschiedenen aktuellen Untersuchungen zufolge sagen 80 bis 90 Prozent der teilnehmenden Eltern, dass sich durch das Training die Eltern-Kind-Beziehung gebessert hat. Etwa 70 Prozent sind der Meinung, dass sich das Familienklima positiv verändert hat und dies auch ihrer Gesundheit und ihrem Belastungsniveau zugute kommt.“ Da jedoch keine Heilung zu erwarten ist, müssen solche Interventionen in aller Regel wiederholt werden.

Tipps für Eltern

Die DGKJP hat für Eltern autistischer Kinder Empfehlungen zusammengestellt. Diese sind ausführlich in einem neuen Ratgeber von Prof. Poustka veröffentlicht. Dazu gehören neben konkreten Hinweisen zu Diagnostik und Therapie Grundsätze wie:

·         Versuchen Sie, die Erkrankung Ihres Kindes zu akzeptieren und zu verstehen.

·         Informieren Sie sich! Organisieren Sie Hilfen, Therapien und Unterbringung.

·         Fördern Sie Ihr Kind, trauen Sie ihm etwas zu und hemmen Sie nicht seine Entwicklung. Aber verlangen Sie auch nicht zuviel von ihm.

·         Setzen Sie realistische Therapieziele an. So werden Fortschritte schneller sichtbar.

·         Stellen Sie sich auf familiäre Probleme ein.

·         Geben Sie nicht dem Kind, sich selbst oder anderen die Schuld für die entstandene Situation. Versuchen Sie, die Probleme zu lösen und damit umzugehen, auch wenn dies zunächst aussichtslos erscheint.

·         Kümmern Sie sich auch um sich selbst, verschaffen Sie sich Entspannung! Versuchen Sie auch weiterhin, Ihren Hobbys nachzugehen und Freunde zu treffen.

Tiefgreifende Entwicklungsstörung

Bei Autismus handelt es sich um eine tiefgreifende Entwicklungsstörung, die in der Regel vor dem dritten Lebensjahr beginnt und von der etwa 150.000 Menschen in Deutschland betroffen sind. Hinzu kommt eine etwa doppelt so große Zahl von Personen, die an milderen Formen des Autismus (Autismusspektrum-Störung) leiden. Der Verlauf einer autistischen Störung ist individuell sehr verschieden. Die meisten Betroffenen können keine zwischenmenschlichen Beziehungen aufbauen. Sie ziehen sich in sich selbst zurück, wirken interessen- und phantasielos. Etwa jeder Vierte bleibt ein Leben lang ohne verständliche Sprache. Begleitend haben autistische Patienten oft Ess- und Schlafstörungen, unruhiges Verhalten und verletzen sich selbst. Nur etwa 10 bis 15 Prozent der Menschen mit frühkindlichem Autismus erreichen im späteren Leben eine relativ unabhängige Lebensführung. Alle anderen benötigen langfristig zumindest einen gestützten Wohnbereich, therapeutische Begleitung oder aber auch Betreuung und Pflege.

Quelle: DKJP