fzm - Dürfen Ärzte das Leben eines
sterbenden, unheilbar Kranken verkürzen, indem sie ihm keine Flüssigkeit
mehr über Infusionen und Magensonde zuführen? Oder verstärken sie durch
dieses "Verdurstenlassen" nur die Qualen am Ende des Lebens? Kaum eine
Frage wird von Medizin-Ethikern zurzeit so kontrovers debattiert wie der
"Flüssigkeitsverzicht" in der Endphase einer unheilbaren Krankheit.
Nicht selten kommt es hier nämlich zu der Situation, dass ein Patient
nicht mehr selbstständig trinken kann oder mag. Zu den Experten, die
sich für die Möglichkeit eines "Flüssigkeitsverzichts" aussprechen,
gehört Johann Spittler vom Sozialmedizinischen Dienst der
Bundesknappschaft in Castrop-Rauxel. In der DMW Deutsche Medizinische
Wochenschrift (Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 2005) stellt er seine
Haltung zur Diskussion. Spittler
schildert aus eigener Anschauung mehrere Beispiele von Patienten, die
nach einem "Flüssigkeitsverzicht" friedvoll starben, ohne dass für alle
Ärzte, Betreuer oder Familienangehörige ein "Verdursten" erkennbar
gewesen wäre. Die Gleichsetzung beider Begriffe hält Spittler deshalb
nicht für gerechtfertigt, sondern für schädlich, ja für demagogisch.
Spittler: "Ärzte, die in diesem Punkt gegen den Willen des Patienten
handeln, indem sie seine Patientenverfügung missachten, machen sich von
juristischer Seite her sogar der Körperverletzung strafbar."
Der "Flüssigkeitsverzicht" ist für
Spittler mit den Grundsätzen zur ärztlichen Sterbebegleitung vereinbar,
welche die Bundesärztekammer im Mai 2004 herausgegeben hat. Diese legen
fest, dass ein offensichtlicher Sterbevorgang nicht durch
lebenserhaltende Therapien künstlich in die Länge gezogen werden darf.
Dazu zählt für Spittler auch die Flüssigkeitszufuhr.
Dennoch müsse der "Flüssigkeitsverzicht"
in jedem Fall sorgfältig überdacht werden. Die sterbenden Patienten
müssten von allen Beteiligten sorgfältig beobachtet werden, um ein
Leiden unter Durst rechtzeitig zu erkennen und zu behandeln, sprich dem
Patienten über Infusionen oder Magensonde wieder Flüssigkeit zuzuführen.
J.F. Spittler:
Flüssigkeitsverzicht - Ethische Maßstabsfindung in der
gesellschaftlichen Kontroverse
Deutsche Medizinische Wochenschrift 2005; 130 (4):
171-174
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