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Umfragen können wertvolle Informationen liefern. Gleichzeitig sind ihrer
Aussagekraft jedoch natürliche Grenzen gesetzt: Denn die Angaben der
Befragten werden immer auch davon beeinflusst, wie die Fragen formuliert
wurden und welche Antwortmöglichkeiten vorgegeben sind. Selbst die
zunächst einfach erscheinende Frage nach dem persönlichen Sportpensum
unterliegt dem Einfluss der Fragebogengestaltung, wie Alexander Rommel
vom Wissenschaftlichen Institut der Ärzte Deutschlands in der
Fachzeitschrift "Bewegungstherapie und Gesundheitssport" darlegt
(Hippokrates Verlag, Stuttgart. 2006).
Am Beispiel des Sozioökonomischen Panels
(SOEP) und der Gesundheitssurveys zeigt Rommel auf, wie eine veränderte
Fragestellung sich in den Umfrageergebnissen widerspiegelt. Im Rahmen
des SOEP werden regelmäßig auch Fragen zum Sportpensum und zur
körperlichen Bewegung der Probanden gestellt. In den Jahren 1984 bis
2005 schwankte der Anteil derjenigen die angaben, nie Sport zu treiben,
beträchtlich. Auffällige Schwankungen traten immer dann auf, wenn die
Struktur des Fragebogens verändert wurde: In Jahren, in denen eine
Version mit differenzierteren Antwortmöglichkeiten angewandt wurde, lag
der Anteil der Sportabstinenzler um jeweils 10 bis 15 Prozent niedriger
als in Jahren, in denen ein gröber strukturierter Fragebogen zum Einsatz
kam. Auch verringerte sich die Zahl der selbsterklärten Sportmuffel
dadurch, dass die Angabe "sehr selten" Sport zu treiben nach 1984 nicht
mehr als Abstinenz gewertet wurde. Aus einem anderen Grund verringerte
sich die Sportabstinenz-Quote im Jahr 2004: Zu diesem Zeitpunkt wurde
der Sportbegriff in der Frageformulierung explizit auf Fitnesstraining
und Gymnastik ausgedehnt.
Wenn Fragebögen häufig umformuliert
werden, ist es also schwer, zeitliche Trends zu erkennen. Um sie dennoch
zu erfassen, bietet sich die interne Validierung an: Bei der
SOEP-Umfrage etwa kann man den Eindruck, dass sich hinter all den
Schwankungen letztlich eine Abnahme der Sportabstinenz verbirgt,
bestätigt finden, wenn man gleichzeitig den Anteil der Befragten
betrachtet, die mindestens einmal in der Woche Sport treiben: Ihre Zahl
hat im Beobachtungszeitraum nahezu stetig zugenommen.
Der bei Erwachsenen beobachtete
Fragebogeneffekt treffe in besonderem Maße auch auf Umfragen unter
Kindern und Jugendlichen zu, betont Rommel. Angesichts der Bedeutung,
die der Sportneigung der jüngeren Generation zunehmend zugemessen werde
– sie dient als sozioökonomischer Spiegel und Indikator für bestimmte
Lebensstile – plädiert er dafür, möglichst einheitliche Fragebögen zu
verwenden. Nur dann ließen sich regionale Unterschiede sowie zeitliche
Entwicklungen der Bewegungsneigung sicher feststellen.
A. Rommel et al.
Die Frage nach dem Sport: Gibt es einfache Indikatoren zur Messung des
Sportpensums?
Bewegungstherapie und Gesundheitssport 2006; 22 (6): S. 246-250
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