Großbritannien. Oft ist die Diagnose
„Epilepsie“ mit pessimistischen Zukunftsvorstellungen verbunden. Wie P.
Kwan und J. W. Sander in einem kritischen Überblick darlegen, dürfen
jedoch – vorsichtig geschätzt – immerhin rund 30 Prozent der
Epilepsie-Kranken damit rechnen von selbst zu genesen. Ein weiteres
Drittel darf darauf hoffen, mit Hilfe von Antiepileptika dauerhaft ein
anfallfreies Leben führen zu können. Nur das verbleibende Drittel muss in
Kauf nehmen, dass trotz optimaler medizinischer Versorgung immer wieder
Anfälle auftreten. Nach der Erstmanifestation einer Epilepsie haben also
Immerhin rund 60 Prozent der Betroffenen relativ gute Aussichten.
Prognostisch günstig erscheinen
insbesondere solche Verläufe,
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bei denen der Patient bereits auf das
erste Antiepileptikum anspricht, wobei oft relativ niedrige Dosierungen
ausreichen,
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keine Hirnanomalitäten erkennbar sind,
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anfänglich nur eine niedrige
Anfallsfrequenz vorliegt und
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im EEG keine Auffälligkeiten zu
erkennen sind.
In diesen Fällen kann man nach
ausreichender Zeit das Antiepileptikum versuchsweise wieder absetzen.
Unter dem Schutz des Medikaments ist die anfallsauslösende Ursache dann
vielfach verschwunden oder sie hat ihre Wirkung verloren.
Da es in westlichen Ländern schon
lange üblich ist, relativ rasch nach dem ersten Auftreten eines Anfalls
medikamentös zu behandeln, weiß man relativ wenig über den „natürlichen
Verlauf“ von Epilepsien. Grobe Hinweise geben Beobachtungen aus Regionen
der Welt, die medizinisch noch unterversorgt sind. Allerdings mangelt es
den entsprechenden „Studien“ oft an klaren Definitionen und einer
überzeugenden Methodik. Am ehesten gestatten Absetzversuche entsprechende
Rückschlüsse. Soweit es dazu Studien gibt, stützen diese die eingangs
genannten Prognosen. Nicht zuletzt gibt es auch in Europa
Einzelfallbeobachtungen von unbehandelten Anfallskranken, von denen im
Lauf der Zeit ein größerer Prozentsatz anfallsfrei wurde.
Kwan und Sander betonen, dass
Antiepileptika rein symptomatisch wirken, also weder Ursache noch die
Prognose einer Epilepsie beeinflussen. Erfreulicherweise scheint es für
die Wirkung von Antiepileptika nicht darauf anzukommen, sie möglichst früh
einzusetzen. Auch bei einem schon länger währenden unbehandelten
Anfallsleiden entfalten sie ihren vollen Effekt. Nach Ansicht der Autoren
sind zumindest bei Patienten mit guter Prognose (siehe oben) auch
heutzutage placebokontrollierte Studien vertretbar. Diese würden dann
verlässliche Aussagen über mögliche Spontanremissionen gestatten.
P. Kwan u. a.: The
natural history of epilepsy: an epidemiological view.
J. Neurol.
Neurosurg. Psychiatry 2004 (75) 1376-1381 |