Skandinavien/Schweiz. Im
Speichel an Schizophrenie erkrankter Raucher finden sich höhere
Konzentrationen des Nikotinmetaboliten Cotinin als bei psychisch gesunden
Rauchern. Raucher mit Schizophrenie erhalten mehr Neuroleptika als
Nichtraucher mit dem gleichen Leiden. Hohe Cotinin-Konzentrationen gehen
signifikant gehäuft mit zwei negativen Symptomen einher: mit passivem
Rückzug und sozialem Vermeiden. Zu diesen Ergebnissen gelangen J.-E.
Strand und H. Nybäck in einer Studie, in der sie bei 22 ambulant betreuten
Schizophrenie-Kranken, 51 stationär behandelten Psychiatrie-Patienten
(darunter 20 Schizophren-Kranken) und 18 gesunden Kontrollpersonen die
Cotinin-Konzentration im Speichel bestimmten.
Weitere Ergebnisse:
82 Prozent der ambulant und 70 Prozent der stationär behandelten
Schizophrenie-Patienten waren Raucher. Bei den Kranken ohne Psychose
betrug der Raucheranteil 58 Prozent. Rauchende Psychiatrie-Patienten
zeichneten sich im Vergleich zu nicht rauchenden dadurch aus, dass sie
durchschnittlich früher psychisch erkrankten, etwas jünger waren und auf
häufigere stationäre Aufenthalte zurückblickten. Im Vergleich zu
Nichtrauchern erhielten Raucher im Durchschnitt fast die doppelte Menge an
Neuroleptika.
Aus den beschriebenen
Daten folgern die Autoren, dass Schizophrenie-Kranke intensiver rauchen
(vermutlich durch verstärkte Inhalation). Offenbar nutzen sie Nikotin als
Form der Selbstmedikation, um insbesondere mit negativen Symptomen besser
zurecht zu kommen. Spekulativ bleibt, inwieweit intensiveres Rauchen auch
den Zweck verfolgt, störende Effekte von Neuroleptika zu mildern
(insbesondere extrapyramidalmotorische Nebenwirkungen).
Ähnliche Ansichten
vertreten K. Cattapan und Kollegen in einem Übersichtsbeitrag zur Frage
„Warum rauchen Schizophreniepatienten?“. Die Schweizer Wissenschaftler
machen darauf aufmerksam, dass Nikotin bei Schizophrenie-Patienten
wesentliche kognitive Funktionen bessert. Dies gilt speziell für die
Daueraufmerksamkeit, die gerichtete Aufmerksamkeit, das Arbeitsgedächtnis,
das Kurzzeitgedächtnis und die Wiedergabe aus dem Gedächtnis. Nicht
zuletzt reagieren präattentive Maße der Informationsverarbeitung („Gating“)
günstig auf Nikotin. Allerdings hat das intensivere Rauchen seinen Preis:
Die betroffenen Schizophrenie-Kranken weisen eine erhöhte Morbidität und
Mortalität für Tabakfolgeschäden auf (insbesondere in Form von Atemwegs-
und kardiovaskulären Erkrankungen).
J.-E. Strand u. a.: Tobacco use in schizophrenia: a study of cotinine
concentrations in the saliva of patients and controls.
European Psychiatry 2005 (20) 50-54; K. Cattapan-Ludewig u.
a.: Warum rauchen Schizophreniepatienten? Nervenarzt 2005 (76) 287-294 |