Australien. Eine aktuelle Befragung
von 444 Parkinson-Kranken bestätigt, was schon seit einiger Zeit vermutet
wird: Bis zu 70 Prozent aller Parkinson-Betroffenen müssen damit rechnen,
dass sich im Lauf der Erkrankung auch Sprach- und Stimmstörungen
einstellen. In der von S. Mott und Mitarbeitern durchgeführten Befragung
gaben 64 Prozent der Teilnehmer an, dass sie unter Kommunikationsstörungen
leiden. Zur Problematik tragen nach Ansicht der Autoren drei Komponenten
bei: 1. eine leise, monoton, rau und heiser klingende Stimme, 2. Probleme
bei Atmung, Stimmmodulation und Rhythmus und 3. Einschränkungen von Mimik
und Gestik. Aufgrund dieser Besonderheiten wirken Parkinson-Patienten für
Unkundige schnell weniger intelligent, ängstlicher, introvertierter,
unglücklicher, unattraktiver, gelangweilt, passiv und unfreundlich. Dabei
ist gesichert, dass Parkinson-Kranke ein genau so ausgeprägtes
Gefühlsleben haben wie andere Menschen auch.
In der von Mott und Mitarbeitern
durchgeführten Befragung gaben Immerhin 29 Prozent der Teilnehmer an, dass
sie oft, wenn nicht sogar immer unter der verlorenen Ausdrucksfähigkeit
ihres Gesichtes litten. Wie die Autoren betonen, kann sich dieses Defizit
extrem nachteilig auf soziale Interaktionen auswirken. Denn der
Gesichtsausdruck eines Menschen erleichtert es, aus der Fülle der von ihm
gebotenen Informationen eine sinnvolle Auswahl zu treffen. Wo diese
Möglichkeit entfällt („Maskengesicht“), ist das Gegenüber verleitet, auf
Vorurteile und Schemata zurückzugreifen. Im Falle von Parkinson-Kranken
dürfte zum Beispiel die Versuchung groß sein, diese als depressiv
einzustufen. Dazu passt, dass von denjenigen Teilnehmern, die sich als
depressiv einstuften, besonders viele (54 Prozent) auch über ein
eingeschränktes Ausdrucksvermögen ihres Gesichtes berichteten.
Mott und Kollegen weisen nicht
zuletzt auf die Gefahr hin, dass Parkinson-Kranke aufgrund der
beschriebenen Kommunikationsstörung ihren Ärzten kein vollständiges Bild
ihrer Probleme vermitteln können und daher vermutlich oft ungenügend
behandelt werden.
Um die
Interaktion mit Parkinson-Patienten zu verbessern, empfehlen Mott und
Kollegen, sich an folgenden einfachen Regeln zu orientieren:
-
Unterstelle nie, dass dein Gegenüber
kognitive Fähigkeiten eingebüßt hat, unter einer psychiatrischen
Erkrankung leidet oder emotional weniger empfindet, nur weil die
betreffende Person Kommunikationsprobleme hat.
-
Gewährleiste, dass die Umgebung
während der klinischen Begegnung ruhig ist.
-
Höre aufmerksam zu. Sei geduldig und
warte ab, bis der Parkinson-Patient fertig gesprochen hat. Korrigiere ihn
nicht und sprich nicht an seiner Stelle.
-
Stelle kurze Fragen, die kurze
Antworten bzw. ein Nicken oder Schütteln des Kopfes begünstigen.
-
Gib nicht vor, dass du einen
Parkinson-Kranken verstehst, wenn dies nicht der Fall ist. Bitte den
Betreffenden, das Gesagte noch einmal zu wiederholen.
-
Wiederhole das, was du verstanden
hast, und lass dein Gegenüber darauf antworten.
-
Sprich den Parkinson-Patienten auch
dann immer persönlich an, wenn er in Begleitung eines Freundes oder
Betreuers gekommen ist.
-
Gewährleiste, dass die Beratung
ausreichend lange ist, um die genannten Ziele zu verwirklichen.
S. Mott u. a..
Only misunderstood? The effects of
Parkinson´s disease on interactions with health professionals. Australian
Journal of Primary Health 2004 (10) 82-89 |