Kanada. Wenn Mütter unter
Migräne leiden, scheinen ihre Kinder frühzeitiger Verantwortung zu
übernehmen, als es der Norm entspricht. Auf die Gefahr einer Rollenumkehr
zwischen Kindern und migränekranken Müttern macht eine Studie von M. A.
Fagan aufmerksam. In ihr befragte die Autorin 25 unter Migräne leidende
Mütter über die Schwere ihres Leidens und die Einstellung zu ihren
Kindern. Alle Mütter waren berufstätig und zwischen 30 und 45 Jahre alt.
Das Alter der Kinder bewegte sich zwischen 3 und 17 Jahren.
Wie die Auswertung
zeigte, richteten die Mütter um so problematischere Erwartungen an ihr
Kind, je beeinträchtigter sie sich durch ihre Migräne fühlten. So neigten
extrem unter Migräne leidende Mütter dazu zu, die Mutter-Kind-Rolle
umzukehren, also Kindern die Verantwortung Erwachsener aufzubürden („Parentifizierung“).
Ein solcher Vorgang kann Kinder massiv und dauerhaft beeinträchtigen, da
er das Gefühl vermittelt, nur anderen als Mittel zum Zweck zu dienen,
ansonsten aber wertlos zu sein. Faktisch kann sich eine Rollenumkehr darin
äußern, dass Kinder dazu benutzt werden, die Eltern zu schützen, den
Vertrauten zu spielen, Familienkonflikte zu lösen oder die Eltern zu
versorgen.
Bereits andere Studien
haben aufgezeigt, dass unter Schmerzen nicht nur der Betroffene, sondern
sehr oft die gesamte Familie leidet. Sollte sich der von Fagan
beschriebene Zusammenhang in weiteren Untersuchungen bestätigen, wäre es
sinnvoll, unter Migräne leidenden Müttern nicht nur medikamentöse, sondern
auch psychosoziale Hilfen zu bieten.
M.
A. Fagan: Exploring the relationship between maternal migraine and child
functioning. Headache 2003 (43) 1042-1048 |