Depressive Episoden im Rahmen uni- und bipolarer affektiver Störungen beginnen
bei jedem Patienten unterschiedlich schnell. "Zum einen gibt es Patienten, bei
denen sich depressive Phasen langsam, über mehrere Wochen einschleichen. Zum
anderen gibt es aber auch Patienten, die den Beginn einer depressiven Episode
oft auf die Stunde genau angeben können, und das unabhängig von äußeren
auslösenden Faktoren, " erläutert Prof. Dr. Ulrich Hegerl, Direktor der Klinik
und Poliklinik für Psychiatrie der Universität Leipzig und Sprecher des
Kompetenznetzes Depression, Suizidalität.
Mittels eines speziellen Fragebogens ("Onset of Depression Inventory", ODI)
haben Hegerl und sein Team dieses Phänomen nun genauer untersucht.
Frühzeitig richtige Diagnose - gezielte Behandlung
Die Ergebnisse zeigen, dass depressive Episoden im Rahmen bipolarer
affektiver Störungen in ihrer großen Mehrheit (58 Prozent) innerhalb einer
Woche voll ausgeprägt sind, während dies nur bei einer Minderheit (7,4
Prozent) der Patienten mit unipolaren Depressionen der Fall war. Die
Geschwindigkeit des Depressionsbeginns stellt somit ein wichtiges Merkmal dar,
um frühzeitig zu erkennen, ob eine depressive Episode im Rahmen einer uni-
oder bipolaren affektiven Störung auftritt. "Stellt sich die Depression abrupt
ein, das heißt in einem oder wenigen Tagen, so spricht das für ein bipolare
affektive Störung, auch wenn bisher noch keine manische Episode aufgetreten
ist. Dies kann bei der Behandlung berücksichtigt werden, " schlussfolgert
Psychiater Hegerl.
Rückschlüsse auf Neurobiologie und Genetik der Depression
Abrupter versus langsam einschleichender Beginn weisen zudem auf
unterschiedliche Krankheitsmechanismen hin. Hiermit verbunden ist auch die
Frage, ob Patienten je nach raschem oder langsamem Beginn der depressiven
Episode unterschiedlich auf eine medikamentöse oder psychotherapeutische
Behandlung ansprechen.
Die Studie
Im Rahmen der Studie wurden bei 158 erwachsenen Patienten (108 Patienten
mit unipolarer, 50 mit bipolarer Depression) die Geschwindigkeit des Beginns
depressiver Episoden systematisch untersucht. Mittels der ODI-Skala wurde
dabei von jedem Patienten eine strukturierte klinische Bestandaufnahme
gemacht. Ausgeschlossen wurden depressive Episoden, denen ein einschneidendes
Lebensereignis vorausging.
Unterstützt wurde die Studie durch das Bundesministerium für Bildung und
Forschung (BMBF), das Kompetenznetz "Depression, Suizidalität" sowie das
Bayerische Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst.
Weitere Informationen:
HEGERL U, BOTTNER A-C, HOLTSCHMIDT-TÄSCHNER B, BORN C, SEEMÜLLER F,
SCHEUNEMANN W, SCHÜTZE M, GRUNZE H, HENKEL V, MERGL R, ANGST J (2008): Onset
of depressive episodes is faster in patients with bipolar versus unipolar
depressive disorder: evidence from a comparative study. J Clin Psychiatry (E-pub
ahead of print).