Vielen Dank für Ihre Bereitschaft, künftig regelmäßig (mindestens einmal
pro Woche) eine AA-Gruppe zu besuchen. Damit signalisieren Sie sich und
mir, wie ernst es Ihnen ab heute ist, Ihr Alkoholproblem in den Griff zu
bekommen. Personen mit Alkoholproblemen leiden IMMER unter einer noch
unzureichenden Fähigkeit zur „Selbstregulation“. Solange diese noch nicht
entwickelt ist, benötigen Sie eine oder mehrere äußere Instanzen
(„Fremdregulation“), die sie bei der Selbststeuerung unterstützen. Das ist
vor allem die AA-Gruppe und der Psychotherapeut, zusätzlich kann man sich
auch gegenüber wichtigen Bezugspersonen in Form eines „Abstinenzvertrages“
verpflichten. Wenn die Abstinenz-Erfahrungen genügend „Spuren im Gehirn“
in Form neuer Nervenbindungen hinterlassen haben, können Sie irgendwann
selbst die „Regulation“ übernehmen und brauchen dann keine „externen“
Helfer mehr.
AA-Gruppen werden Ihnen nicht nur in Form von
„Kontrolle“ helfen. Der dort angestrebte ehrliche und offene Austausch
über persönliche Probleme kann Sie auch in der Persönlichkeitsentwicklung
fördern. Meist ist übermäßiger Alkoholgenuss ja eine Notlösung für
persönliche Probleme. Wer unter Scham oder einer sog. sozialen Phobie
leidet, für den ist die Teilnahme an AA-Gruppen besonders auch unter
diesen Gesichtspunkten heilsam. In AA-Gruppen erhalten Sie durchweg
hilfreiche und bewährte Tipps für das Verhalten in
„Versuchungssituationen“. Fragen Sie Ihre wichtigste Bezugsperson, ob
diese nicht parallel eine Angehörigen-Gruppe (AL-ANON) besuchen möchte.
Oft ist es nämlich so, dass die Angehörigen (ohne es zu wollen!!) durch
ihr Verhalten den Alkoholismus ihrer Bezugsperson fördern. Man bezeichnet
ein solches Verhalten als „Ko-Alkoholismus“. In den AL-ANON-Gruppen können
sich die Angehörigen nicht nur ihren Kummer von der Seele sprechen, sie
erhalten auch Hinweise, wie sie mit dem Alkohol-Kranken künftig
hilfreicher umgehen können.
Vergessen Sie das möglicherweise vorhandene
Vorurteil, in AA-Gruppen würden sich nur „Penner“ treffen. Alkoholprobleme
ziehen sich durch SÄMTLICHE Gesellschaftsschichten. Die Wahrscheinlichkeit
ist also groß, dass Ihnen in der Gruppe ein repräsentativer Querschnitt
der Bevölkerung begegnet. Dabei geht die Tendenz dahin, dass eher
„Persönlichkeiten“ den Mut und die Bereitschaft finden, sich solchen
Gruppen anzuschließen. „Schwächlinge“ und „Versager“ schaffen einen
solchen Schritt meist nicht. In den Gruppen wird auf Anonymität großen
Wert gelegt. Es ist daher üblich, sich mit dem Vornamen anzureden.
In Köln gibt es eine sehr große Zahl von
AA-Gruppen, so dass es für Sie kein Problem sein sollte, einen Gruppe zu
finden, die zu Ihrer Person und ihren zeitlichen und örtlichen
Möglichkeiten passt. Ich empfehle Ihnen dringend, mehrere Gruppen
auszuprobieren, um diejenige zu finden, in der Sie sich auf Dauer
wohlfühlen können. Die Teilnahme an den Gruppen ist immer kostenlos.
Informationen über Ansprechpartner finden Sie im Internet unter der
Adresse:
www.anonyme-alkoholiker.de. In der Regel ist es üblich, erst die
offizielle Kontaktperson der Gruppe anzurufen.
Grundsätzlich gilt meine dringende Empfehlung,
ab sofort komplett und konsequent jeglichen Alkoholgenuss einzustellen.
Dies gilt insbesondere auch dann, wenn Sie sich selbst unsicher sind, ob
Sie ein Alkohol-Problem haben. Nur ein solcher Selbstversuch kann Ihnen
zeigen, ob Sie nun abhängig sind oder nicht. Das sog. kontrollierte
Trinken weist eine deutlich schlechtere Erfolgsquote auf und verlangt
bereits eine sehr hohe Disziplin. Mein Sofort-Tipp: Entsorgen Sie noch
heute sämtliche Alkoholvorräte in Ihrer Wohnung, outen Sie sich gegenüber
Ihren wichtigsten Bezugspersonen und bitten Sie diese um Mithilfe (in Form
von Kontrolle und Hilfe im Umgang mit Versuchungssituationen). Entwickeln
Sie Ersatzstrategien für das Trinken (z.B. Kaugummi-Kauen, Wassertrinken,
sportliche Bewegung) und belohnen Sie sich für jeden Tag einer
erfolgreichen Abstinenz. Viel Erfolg beim Start in einen alkoholfreien
Lebensabschnitt! |