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Stress schützt uns in bedrohlichen Situationen. In Sekundenschnelle kann
er uns zu Höchstleistungen antreiben. "Stress stellt eine
lebenserhaltende Reaktionskaskade unseres Körpers dar, mit einem
geeigneten Reaktionsmuster zu reagieren", erläutert Alfred S. Wolf in
einer neuen Ausgabe der "Zeitschrift für Orthomolekulare Medizin"
(Hippokrates Verlag. Stuttgart, 2006). Geraten wir immer wieder in
belastende Situationen ohne Phasen der Erholung, kommt es zu einer
schrittweisen körperlichen und mentalen Erschöpfung. Die permanente
Überforderung der Psyche zum Beispiel – als Burnout-Syndrom bekannt –
äußert sich häufig in Energieverlust, Depressivität oder Arbeitsunlust
bis –verweigerung.
Eine Studie aus dem Jahr 2004 belegt,
dass Stress fast ebenso häufig Ursache für einen Herzinfarkt ist wie
Nikotinkonsum und Erkrankungen des Fettstoffwechsels. Wolf kritisiert
vor diesem Hintergrund, dass Stress und seine Folgen in den westlichen
Industrienationen noch immer unterschätzt werde. "In der regulären
medizinischen Sprechstunde hat weder die Diagnostik noch die
Stressverarbeitung und -minderung konzeptionell Platz", skizziert der
Professor die derzeitige Situation.
Ein Weg, um dem komplexen Zusammenspiel
von stressauslösenden Faktoren, stressverstärkenden Momenten und
individuellen Reaktionsmustern gerecht zu werden, sei nach Wolf die
"integrale Medizin". Sie biete durch ein "Zusammenführen von
'sprechender' und 'naturwissenschaftlicher' Medizin" Chancen für eine
effektive Stressbehandlung. "Dabei werden sowohl verbale subjektive
Einschätzungen der Stress-Auslöser und der Stress-Verstärker als auch
diagnostische Methoden zur Messung und Bestimmung von Art und Intensität
der entsprechenden Stress-Reaktionen eingesetzt."
Um den biochemischen und physikalischen
Stress-Zeichen auf die Spur zu kommen, stünden dem behandelnden Arzt
verschiedene Tests zur Verfügung. Das können Blutdruck- oder
Herzfrequenzmessungen unter Alltags-Bedingungen sein,
Stoffwechseluntersuchungen – insbesondere bei übergewichtigen Patienten
–, aber auch Labortests von Serum, Speichel oder Urin.
Für eine exakte Diagnose sei es nach
Meinung Wolfs außerdem wichtig, Stressoren, beispielsweise Belastungen
aus dem persönlichen und beruflichen Umfeld, zu erkennen. Dazu kämen
individuelle Stress-Verstärker. Diese könnten zum Beispiel belastende
Gedanken und Einschätzungen sein, die der Behandler durch
Fragebogentests aufspüren kann. Sind die stressauslösenden Faktoren erst
mal beim Namen genannt, kann der Patient zusammen mit einem
Psychotherapeuten oder Psychologen Problemlösungen erlernen und die
persönlichen Stress-Verstärker umdeuten.
A. S. Wolf:
Chronischer Stress: Burnout und andere langfristige Folgen Zeitschrift
für Orthomolekulare Medizin 2006; 4 (4): S. 17-20 |