Großbritannien. Wer an Schizophrenie
erkrankt, läuft Gefahr, die Gesundheit der eigenen Zähne zu
vernachlässigen. Betreuer sollten sich daher auch um diesen Aspekt
bemühen. Wie eine Studie von R. G. McCreadie und Kollegen illustriert, ist
der Zahnstatus Schizophrenie-Kranker oft katastrophal. Im Vergleich zur
Normalbevölkerung fehlen den Patienten signifikant häufiger Zähne. Nur 70
Prozent verfügen noch über mehr als 20 Zähne, während es in der
Vergleichsgruppe immerhin 83 Prozent sind. Das stimmt bedenklich, weil 20
Zähne als Minimum für eine ausreichende Kaufunktion gelten. Schizophrene
Patienten scheinen diesbezüglich deutlich unter den vom britischen
Gesundheitssystem angestrebten Normen zu liegen.
McCreadie und Mitarbeiter stützen
ihre Auswertung auf Angaben von 428 Schizophrenie-Patienten, die einen
Fragebogen zur Zahngesundheit ausgefüllt hatten und deren psychische
Verfassung anhand von PANSS beurteilt worden war (PANSS = Positive and
Negative Syndrom Scale). Anschließend verglichen die Autoren die
gewonnenen Daten mit den Ergebnissen ähnlicher Befragungen der
Normalbevölkerung. Besonders erschreckend erschien die zahnmedizinische
Situation bei Untersuchungsteilnehmern, die in Schottland lebten. Diese
putzten sich täglich deutlich seltener die Zähne (75 Prozent) als die
Normalbevölkerung (96 Prozent). Fast jeder zweite (42 Prozent) trug
bereits irgend eine Form von Zahnersatz, wobei 28 Prozent damit Probleme
hatten. Schottische Schizophrenie-Patienten wandten sich signifikant
häufiger aufgrund von Zahn- und Zahnfleischproblemen an einen Zahnarzt (61
Prozent) als die Vergleichsgruppe (32 Prozent). Dagegen nahmen sie
seltener Vorsorgeuntersuchungen wahr (33 Prozent) als Personen der
Normalbevölkerung (49 Prozent). Auch bei anderen Zahngesundheitsmerkmalen
schnitten die Patienten schlechter ab, wie bei der Häufigkeit von
Zahnfüllungen (95 gegenüber 81 Prozent), kompletten Zahnextraktionen (96
gegenüber über 80 Prozent) und Weisheitszahnentfernungen (51 gegenüber 25
Prozent). Zähne mit Kronen fanden sich seltener bei ihnen (12 gegenüber 25
Prozent).
Da die Daten zur Normalbevölkerung
bereits älter sind und sich die Zahngesundheit im allgemeinen ständig
bessert, befürchten McCreadie und Kollegen, dass die beschriebenen
Diskrepanzen noch deutlicher wären, wenn aktuellere Daten zur Verfügung
gestanden hätten. Als Fazit entnehmen sie ihrer Analyse den Schluss, dass
sich Schizophrenie-Kranke oft zu spät (also erst wenn Probleme auftreten)
an einen Zahnarzt wenden. So erklärt sich, warum sich bei ihnen massive
Eingriffe häufen (Füllungen, Extraktionen). Dagegen scheint es keine
organisatorischen oder finanziellen Hürden zu geben, die ihnen den Weg zum
Zahnarzt erschweren. Für chronisch Kranke ist eher das Gegenteil der Fall:
Schizophrenie-Patienten sind oft arbeitslos und haben dann nicht das
Problem, von einem Arbeitgeber beurlaubt werden zu müssen. Sie sind
zeitlich flexibler und finden so leichter einen passenden
Behandlungstermin. Aufgrund ihres gesicherten
sozialversicherungsrechtlichen Status haben sie selten die Sorge, die
Behandlung nicht finanzieren zu können.
Abschließend geben die Autoren zu
bedenken, dass Schizophrenie-Kranke vermutlich nicht nur aufgrund ihrer
psychischen Verfassung dazu neigen, ihre Zahngesundheit zu vernachlässigen
(insbesondere wenn negative Symptome vorherrschen). Zum schlechten
Zahnstatus können z. B. auch Arzneimittelnebenwirkungen beitragen, wie
etwa ein trockener Mund. Wenn der vermehrte Flüssigkeitsbedarf dann auch
noch durch süße Getränke gedeckt wird (Begünstigung von Karies!) und die
Patienten zudem noch rauchen, belastet dies die Zähne extrem. Nicht
zuletzt kann auch eine tardive Dyskinesie Zahnprobleme fördern, z. B. wenn
sie den Gebrauch von Zahnprothesen kompliziert.
R. G. McCreadie u.
a.: The dental health of people with schizophrenia.
Acta Psychiatr. Scand. 2004 (110) 306-310 |