Finnland. Seit rund 80 Jahren geht man
wie selbstverständlich davon aus, dass willentliches Hyperventilieren bei
entsprechend veranlagten Personen Anfälle oder zumindest epilepsieähnliche
EEG-Veränderungen auslöst. Eine retrospektive Studie von M. D. Holmes und
Mitarbeitern bringt dieses Dogma ins Wanken. Anhand der EEG-Aufzeichnungen
von 433 Epilepsie-Patienten im Alter von 10 bis 64 Jahren überprüften die
finnischen Wissenschaftler, wie oft Hyperventilation tatsächlich Anfälle
auslöst. Von den Untersuchungsteilnehmern litten 88,7 Prozent an einer
partiellen und 11,3 Prozent an einer generalisierten Epilepsie. Nur bei
zwei Patienten (0,46 Prozent) löste Hyperventilation einen Anfall aus. In
beiden Fällen handelte es sich um eine partielle Epilepsie. Auch
epilepsieähnliche EEG-Veränderungen waren eine nur relativ seltene Folge
der Hyperventilation (4,4 Prozent). Von den zuletzt genannten Phänomenen
waren Patienten mit partieller Epilepsie weniger häufig betroffen (3,4
Prozent) als Patienten mit einem generalisierten Anfallsleiden (12,2
Prozent).
Vor diesem Hintergrund bezweifeln
die Autoren, dass Hyperventilation epileptische Anfälle wirksam auslöst.
Sie weisen darauf hin, dass der behauptete Zusammenhang nie sorgfältig
untersucht wurde. Deshalb fordern sie, jetzt die klinische Praxis und
entsprechende Lehrbuchempfehlungen zu überprüfen. Zugleich räumen die
Autoren ein, dass Hyperventilation zumindest bei Patienten mit
generalisierter Epilepsie diagnostisch nützlich sein könnte. Holmes und
Kollegen vermuten, dass frühere Studien zu wenige Patienten erfasst und
dabei möglicherweise auch Personen mit nichtepileptischen Anfällen
einbezogen haben.
M. D. Holmes u. a.: Does
hyperventilation elicit epileptic seizures? Epilepsia 2004 (45) 618-620 |