Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

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Fördert Hyperventilation doch nicht Anfälle?


Finnland. Seit rund 80 Jahren geht man wie selbstverständlich davon aus, dass willentliches Hyperventilieren bei entsprechend veranlagten Personen Anfälle oder zumindest epilepsieähnliche EEG-Veränderungen auslöst. Eine retrospektive Studie von M. D. Holmes und Mitarbeitern bringt dieses Dogma ins Wanken. Anhand der EEG-Aufzeichnungen von 433 Epilepsie-Patienten im Alter von 10 bis 64 Jahren überprüften die finnischen Wissenschaftler, wie oft Hyperventilation tatsächlich Anfälle auslöst. Von den Untersuchungsteilnehmern litten 88,7 Prozent an einer partiellen und 11,3 Prozent an einer generalisierten Epilepsie. Nur bei zwei Patienten (0,46 Prozent) löste Hyperventilation einen Anfall aus. In beiden Fällen handelte es sich um eine partielle Epilepsie. Auch epilepsieähnliche EEG-Veränderungen waren eine nur relativ seltene Folge der Hyperventilation (4,4 Prozent). Von den zuletzt genannten Phänomenen waren Patienten mit partieller Epilepsie weniger häufig betroffen (3,4 Prozent) als Patienten mit einem generalisierten Anfallsleiden (12,2 Prozent).

   Vor diesem Hintergrund bezweifeln die Autoren, dass Hyperventilation epileptische Anfälle wirksam auslöst. Sie weisen darauf hin, dass der behauptete Zusammenhang nie sorgfältig untersucht wurde. Deshalb fordern sie, jetzt die klinische Praxis und entsprechende Lehrbuchempfehlungen zu überprüfen. Zugleich räumen die Autoren ein, dass Hyperventilation zumindest bei Patienten mit generalisierter Epilepsie diagnostisch nützlich sein könnte. Holmes und Kollegen vermuten, dass frühere Studien zu wenige Patienten erfasst und dabei möglicherweise auch Personen mit nichtepileptischen Anfällen einbezogen haben.

M. D. Holmes u. a.: Does hyperventilation elicit epileptic seizures? Epilepsia 2004 (45) 618-620