Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

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1.3  Grundprinzipien des Aikidō

"Der Kern des Aikidō ist es, Harmonie mit der Bewegung des Universums zu erlangen und mit dem Universum selbst in Einklang zu sein. Wer zum Kern des Aikidō gelangt ist, hat das Universum in sich und kann sagen: ich bin das Universum."  Morihei Ueshiba, Begründer des Aikidō
Zitiert nach Stefan Stenudd

     Abbildung 3: im Dōjō …

Im Aikidō lernt man, mit der Kraft des Partners zu arbeiten! Der Angriff des Partners wird durch Eintreten in sein Zentrum aufgenommen. Das bedeutet, die Angriffsenergie, z. B. eines Schlags, wird nicht blockiert, sondern weiter geleitet und für die weitere Bewegung genutzt. Der Angreifer (Uke) gibt durch seinen Angriff den Impuls zur Bewegung. Der Verteidiger (Nage) reagiert auf diesen Impuls, nimmt die Energie auf und lenkt diese in die richtigen Bahnen. Dabei kommt es für den Nage darauf an, einen guten Stand – sprich ein gutes Zentrum – und die richtige Distanz bzw. Positionierung zum Partner zu haben. Hat der Angegriffene keinen stabilen Stand, würde er selbst sein Gleichgewicht verlieren.
Ohne den Impuls eines echten Angriffs gibt es für den Verteidiger keinen Grund sich zu bewegen oder sich zu verteidigen! Ganz im Gegenteil: würde der Verteidiger den Angreifer trotzdem bewegen wollen, so käme dies einem Rollentausch gleich. Der Angegriffene würde zum Angreifer! Tut er dies trotzdem, so wird aus der gemeinsamen Übung bestenfalls eine „schöne“ Choreografie – eine inhaltslose Bewegung.
Gleiches würde geschehen, wenn sich der Uke in Kenntnis der Übung automatisch bewegt. Damit würde er dem Nage ein falsches Bild seiner Fähigkeiten vorspiegeln.
In beiden Fällen nehmen sich die Partner die Möglichkeit der gemeinsamen Weiterentwicklung – ein gemeinsames Lernen ist nicht bzw. nur eingeschränkt möglich.

Das Weiche besiegt das Harte“. Diese Erfahrung hat jeder gemacht, der schon mal versucht hat, eine Katze fest zu halten. Je stärker der Griff des Uke ist, umso weicher wird die Reaktion des Nage! Kraft wird nicht mit Kraft, sondern mit Weichheit beantwortet. So kann ein Angreifer zwar ein Handgelenk des Partners halten, aber nie den „ganzen Partner“ an der Bewegung hindern.

Es gibt keinen „falschen Angriff“! Angriff sowie Verteidigung werden immer der Erfahrung des Partners angepasst. Ein unerfahrener Angreifer, der ohne richtiges Maß überhart angreift, darf nicht wie ein erfahrener Angreifer behandelt werden.
Wird ein Fortgeschrittener zu heftig angegriffen, so wird der ungestüme Angreifer schnell mit sich selbst konfrontiert: er wird einen Teil seiner eigenen Angriffsenergie spüren.
Wird bei einem Angriff die Kompetenz des Partners überschritten, so wird dieser überfordert und verfällt leicht in seine ihm vertrauten Verhaltensmuster, mit denen er unter Stress reagiert. Dies kann zu Verletzungen führen.
Es ist ganz leicht, einen Menschen zu verletzen. Ungleich schwerer ist trotz überhartem Angriff angemessen zu reagieren und den Angreifer als Partner mit der ihm gebührenden Wertschätzung zu behandeln.
Ein erfahrener Aikidōka kann mehr gefordert werden, während ein unerfahrener mit besonderer Weichheit und klarer Führung behandelt wird. Die Kunst ist immer seinem Partner und der Situation entsprechend angemessen zu handeln. So entsteht eine gemeinsame dynamische und
energievolle Bewegung, welche einen echten Austausch der Partner darstellt.

Erfahrene Aikidōka gehen angemessen mit ihren körperlichen und geistigen Kräften (und denen des Angreifers) um. Ihre Bewegungen erfolgen aus einem ruhigen und stabilen Zentrum heraus – sie „ruhen in sich“. Durch ihr langjähriges Training erfolgt ihre Wahrnehmung immer mehr über den Körper – der Kopf wird entlastet.

Viele von uns kennen diese Art der Wahrnehmung aus dem Alltag: So spüren wir meist unbewusst, wenn wir von anderen Menschen angesehen werden, auch, wenn dies hinter unserem Rücken geschieht. Genauso erkennt ein guter Masseur die Verspannungen seiner Klienten mit den Händen. Er erspürt sie aufgrund seiner Bewusstheit und Erfahrung!

Die Aikidōka nutzen ihre langjährige Erfahrung, sprich das, was im normalen Sprachgebrauch als Intuition bezeichnet wird. So bleibt zum Beispiel im „Freikampf“ (Jiyu-Waza) mit mehreren Partnern keine Zeit für eine „intellektuelle Analyse“ des Geschehens! Die Reaktion auf den Angriff erfolgt intuitiv und unvoreingenommen – ohne Bewertung! Dazu bleibt auch beim gleichzeitigen Angriff mehrerer Partner keine Zeit!
Elementar ist hier die richtige Präsenz
: Aufmerksamkeit, Bewusstheit und das Gefühl für das rechte Maß, Beobachtung ohne Bewertung befähigen den Übenden, das Richtige zum rechten Zeitpunkt zu tun. Diese Fähigkeiten, die im Aikidō u. a. durch die intensive Wiederholung der Übungen entwickelt und fundiert werden, spielen auch im Alltag (zum Beispiel in der Kommunikation) eine wichtige Rolle.

Besonders wichtig in der Arbeit mit einem oder mehreren Partnern ist es die Anzahl der möglichen Optionen auf einen Angriff zu maximieren. Schon in der Arbeit mit einem Partner ist es von Bedeutung, sich nicht von vorneherein auf eine bestimmte Verteidigung festzulegen. Wenn die angestrebte Technik „nicht funktioniert“, so ist eine andere Antwort erforderlich. Idealerweise hat der Verteidiger (Nage) immer verschiedene Möglichkeiten im Repertoire auf einen Angriff zu reagieren.

Im Freikampf und in der Arbeit mit mehreren Partnern ist dies noch wichtiger; denn aufgrund des gleichzeitigen Angriffs mehrerer Partner und der daraus entstehenden Dynamik kann die Situation nur durch vorausschauendes und ruhiges Handeln kontrolliert werden.
Das Verhalten der Angreifer im Freikampf, evtl. drei bis fünf Personen, ist nicht im Vorhinein abzustimmen und festzulegen. Deshalb nimmt der Nage das Geschehen aktiv in die Hand, in dem er Kontakt zu einem ausgewählten Angreifer aufnimmt und dessen Angriffsenergie kontrolliert nutzt. Der Angegriffene wartet also nicht passiv ab, was geschehen wird.
Durch sein Verhalten und durch den vollkommenen Verzicht von Gewalt sichert er sich so möglichst viele alternative Handlungsoptionen.

Aikidō ist „lernen über den Körper“. In Untersuchungen wurde festgestellt, dass unser „Erinnerungswert“ abhängig ist von der Anzahl der angesprochenen Sinne: Wenn wir etwas lesen, so behalten wir davon annähernd 10%. Erfolgt unsere Wahrnehmung über hören und sehen gleichzeitig, so sind dies schon über 50%.
Im Aikidō wird zum Lernen der eigene Körper eingesetzt – der „Erinnerungswert“ steigt damit auf über 90%!

Gleichzeitig ist Aikidō eine Geisteshaltung. Es beschränkt sich nicht auf die Matte bzw. das Dōjō. Kommt zur Übung die Reflexion des Handelns hinzu, so ist für die Übertragung in den Alltag die beste Grundlage gelegt.