Die Motivation etwas zu
ändern und die Änderung anschließend beizubehalten, hat drei zwingende
Voraussetzungen, die durch Motivational Interviewing hergestellt werden
sollen:
Damit ein Mensch in
seinem Leben aus eigener Motivation etwas ändert, müssen in seiner Person
drei Voraussetzungen erfüllt sein: 1. Dem Betreffenden muss das Vorhaben
so wichtig sein, dass er eine ausreichende Dringlichkeit verspürt. 2. Er
muss sich das notwendige Verhalten („Können“) zutrauen. 3. Er muss die
Änderung auch selbst und möglichst „unbedingt“ wollen. Fehlt eine dieser
drei Komponenten oder ist sie zu schwach ausgeprägt, bleibt in der Regel
alles beim Alten oder kommt das betreffende Vorhaben meist rasch zum
Erliegen. Sofern Klienten damit einverstanden sind, verstärkt deshalb
Motivational Interviewing bei diesen das Erleben von Dringlichkeit,
Zuversicht und Bereitschaft, so dass es im optimalen Fall auch wirklich zu
neuem Verhalten kommt. Motivational Interviewing wirkt somit wie ein
„Verstärker“ auf elementare Komponenten menschlicher Motivation.
Exkurs 2: Wissenschaftler wie Sachse und
Mitarbeiter (2012) halten es - ohne auf Motivational Interviewing Bezug
zu nehmen - für wichtig, anfänglich herauszufinden, warum ein Klient
bislang nicht oder zu wenig motiviert erscheint. Es kann nämlich
vorkommen, dass manche Klienten selbst zu ihren ureigenen Motiven (siehe
Exkurs 1) und Bedürfnissen einen schlechten oder gar keinen Zugang haben
und daher nicht wissen können, was sie möchten oder was ihnen wirklich
gut tut („Alienation“). Einige haben z.B. zeitlebens auf das gehört, was
andere Menschen als gut für sie ansahen bzw. sie haben sich an dem
orientiert, was ihnen bekannt war. Oft haben sie Schwierigkeiten zu
beurteilen, ob sie etwas aus eigener Motivation machen oder weil es
ihnen von außen aufgetragen worden war. Solche Personen müssen erst
einmal üben, ein Gespür dafür zu entwickeln, wie sich Alltagserfahrungen
überhaupt anfühlen (angenehm oder unangenehm) und sich regelmäßig
fragen, ob sie das, was sie tun, auch wirklich tun wollen. Hinter
scheinbar „mangelnder“ Motivation können auch Konflikte zwischen Motiven
oder Zielen stecken, so dass weniger ein „Mangel“ als vielmehr eine
„Blockade“ vorliegt. Sachse und Mitarbeiter warnen nicht zuletzt davor,
Leidensdruck mit Änderungsmotivation zu verwechseln. Hier möchte der
Klient oft nur etwas „weghaben“, ohne dafür Verantwortung übernehmen
oder selbst aktiv werden zu wollen. Solche Klienten wollen mitunter nur
durch einen Dritten „erlöst“ werden.
Dem erwähnten „Verstärkerprinzip“
verhilft ein Gesprächspartner zu optimalen Rahmenbedingungen, wenn er sich
beim Motivational Interviewing auf drei Grundhaltungen einlässt und
sich zugleich an vier Handlungsgrundsätzen orientiert. Diese 7
Elemente haben untereinander Berührungspunkte, was verwirren kann.
Möglicherweise beschreiben diese 7 Elemente (zusammen mit den
„Gesprächsfertigkeiten“) allgemeine Wirkfaktoren heilenden Handelns. Diese
werden oft unter dem Begriff der „therapeutischen Beziehung“
zusammengefasst. Sie können erklären, warum Therapeuten unterschiedlicher
Schulen oft gleich gute Behandlungsergebnisse erzielen. |