Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

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9. Für "Commitment" (Zielbindung) gewinnen

 

Während alle bisher besprochenen Schritte und Optionen der Phase 1 des Motivational Interviewing zugerechnet und oft als der anstrengendere Teil erlebt werden (ähnlich einer Bergbesteigung), erscheint die Phase 2 häufig als angenehm und vergleichsweise unproblematischer („flotte Talfahrt vom Gipfel“). Dies liegt vermutlich daran, dass sich der Klient in Phase 2 im optimalen Fall für eine Veränderung entscheidet und zu deren Umsetzung verpflichtet („Commitment“). Vom „Ich möchte / hätte…“ wechselt er zum „Ich will und werde…“ (Entschlossenheit). Ab jetzt greift die „intrinsische Motivation“. Der Gesprächspartner begleitet den Klienten zwar weiterhin, befindet sich aber eher im „Standby-Betrieb“. Er wird mit den schon dargestellten Angeboten erst dann erneut tätig, wenn der Klient wieder in die Ambivalenz zurück gleitet oder sich ihm unerwartete Herausforderungen stellen, die im „Veränderungsplan“ des Klienten bislang nicht vorgesehen waren. Er gibt gleichsam „Flankenschutz“. Der Wechsel von Phase 1 zu Phase 2 wird oft durch eine (offene) „Schlüsselfrage“ eingeleitet („Wie soll es weitergehen?“ „Was wollen Sie jetzt tun?“). Vorab macht oft eine Zusammenfassung der bisherigen Entwicklung Sinn. Ist der Zeitpunkt für die „Schlüsselfrage“ richtig gewählt, wird der Klient zunehmend mehr selbstverpflichtende Aussagen machen. Der optimale Zeitpunkt (bzw. eine ausreichende Veränderungsbereitschaft) zeichnet sich z.B. dadurch ab, dass Dissonanzen zwischen Klient und Gesprächspartner seltener werden, der Klient weniger Fragen zur „Problematik“ stellt (und dafür umso mehr zur möglichen Veränderung), selbstmotivierende Äußerungen zunehmen (Vielleicht sollte ich…“), der Klient Zukunftsfantasien äußert und teilweise bereits in Richtung der Veränderung experimentiert. Während in Phase 1 reflektierende Äußerungen im Vordergrund stehen, sind in Phase 2 durchaus auch praktische Hinweise sinnvoll und geboten, sofern der Klient dazu sein Einverständnis erteilt. Da ein einzelner Vorschlag Gefahr läuft, Reaktanz auszulösen, sollten möglichst immer mehrere Hinweise / Empfehlungen auf einmal genannt werden,. Denn bei einem umfangreicheren Angebot neigt man eher zum Auswählen als zum Ablehnen des Komplettpakets.

Schwerpunkte der Phase 2 von Motivational Interviewing sind

  • 1.    das gemeinsame Verhandeln eines klaren Änderungsplans mit „wohlgestalteten Zielen“ und den dazu notwendigen Handlungsoptionen  sowie

  • 2.    eine Bestärkung der Selbstverpflichtung.

Wie ein solcher Veränderungsplan aussehen könnte, zeigt ein von Miller und Rollnick entwickeltes Formular.

Die wichtigsten Gründe, warum ich diese Veränderung umsetzen will:

 

 

 

Die wichtigsten Ziele für mich selbst bei dieser Veränderung sind:

 

 

 

Um meine Ziele zu erreichen, werde ich Folgendes tun:

 

 

 

Spezifische Tätigkeit:

Wann?

 

 

 

 

 

Andere Personen, die mir bei dieser Veränderung helfen können:

Person:

 

Person:

 

Mögliche Hilfe

 

Mögliche Hindernisse und wie ich sie überwinden könnte?

Hindernis:

 

Hindernis:

 

Mögliche Lösung:

 

Mögliche Lösung:

Ich weiß, dass mein Plan erfolgreich ist, wenn folgende Ergebnisse eintreten:

 

 

Allerdings wird nicht jeder Klient für ein solch förmliches Vorgehen aufgeschlossen sein. Vorbereitende Fragen lauten z.B.: „Wie sieht Ihr Plan aus?“ „Welches wird Ihr erster Schritt sein?“ „Welche weiteren konkreten Maßnahmen haben Sie vor?“

Wohlgestaltete Ziele zeichnen sich insbesondere durch folgende Eigenschaften aus:

Sie sollen…

  • 1.    bedeutsam sein,

  • 2.    klein sein,

  • 3.    konkret, präzise und verhaltensbezogen sein,

  • 4.    positiv formuliert sein (eher das Vorhandensein als die Abwesenheit von etwas ausdrücken),

  • 5.    eher einen Anfang als ein Ende beschreiben,

  • 6.    im Lebenskontext des Betroffenen realistisch und erreichbar sein.

Es kann sinnvoll sein, ein Ziel als „schwierig“ und „mit harter Arbeit verbunden“ zu bezeichnen. Dies erleichtert es manchen Klienten, die notwendige Verantwortung zu übernehmen. Im Falle eines Versagens können sie dieses dann der Größe der Aufgabe anlasten (und nicht ihrer Person). Ihre Selbstachtung bleibt dadurch erhalten.

Im Hinblick auf mögliche Hindernisse (zu denen auch innere Widerstände, Versuchungen, Handlungsunterbrechungen und Misserfolge gehören), gilt es, vorab ausreichend viele Handlungsoptionen zu entwickeln. Dies erfolgt in der Regel oft schon beim Aufbau von Zuversicht.

Die Selbstverpflichtung des Klienten, mit der die Wahrscheinlichkeit einer Verhaltensänderung deutlich zunimmt, kann durch eine Nachfrage verstärkt werden („Ist es das, was Sie tun werden?“) oder indem der Klient sein Vorhaben im Freundes- und Bekanntenkreis publik macht oder indem Belohnungen eingeplant werden. Sollte der Klient vor einer Selbstverpflichtung noch zurückscheuen oder diese abschwächen (etwa durch wenig entschlossen klingende Formulierungen wie „versuchen“, „erwägen“ oder „hoffen“), sollte man auf keinen Fall versuchen, ihn doch noch zu einer Selbstverpflichtung zu bewegen. Sinnvoller ist es zu fragen „Was fehlt Ihnen noch, um Ihren angedachten Plan konkret angehen zu können?“ Ein Bedrängen wird nur Reaktanz und damit deutliche Rückschritte auf dem bisher beschrittenen Weg auslösen. Im weiteren Verlauf sollte man möglichst nicht fragen „Haben Sie (mittlerweile) eine Entscheidung getroffen?“ sondern lieber „Und wie sehen Sie die Entscheidung jetzt?“ Denn eine solche offene Frage bietet die Möglichkeit, über das Thema noch einmal ausführlicher zu sprechen und dabei erneut Motivational Interviewing zu praktizieren. Der Klient wird umso entschlossener sein („committed“), je energetisierter er sich durch sein Ziel fühlt und je mehr er vom bisherigen Zustand „die Nase voll hat“.

Hält der Klient an seiner Selbstverpflichtung fest und setzt er seinen Plan um, ist das betreffende Motivational Interviewing erfolgreich abgeschlossen.