Praxis für Psychosomatische Medizin u. Psychotherapie, Coaching, Mediation u. Prävention
Dr. Dr. med. Herbert Mück (51061 Köln)

E-Mail: kontakt@dr-mueck.de (Keine Beratungen per Telefon oder E-Mail!) - Gerne können Sie diese Seite verlinken!

 

Web www.dr-mueck.de

Home
Nach oben
Impressum/Vorwort
Stichwortverzeichnis
Neues auf dieser Website
Angst / Phobie
Depression + Trauer
Scham / Sozialphobie
Essstörungen
Stress + Entspannung
Beziehung / Partnerschaft
Kommunikationshilfen
Emotionskompetenz
Selbstregulation
Sucht / Abhängigkeit
Fähigkeiten / Stärken
Denkhilfen
Gesundheitskompetenzen
Selbsthilfe+Gesundheitstipps
Krisenintervention
Therapeuten-Suche
Über die Praxis Dr. Mück
Konzept+Methoden
Erfahrungsberichte
Lexikon/Häufige Fragen
Wissenschaftsinformationen
Gesundheitspolitik
Infos auf Russisch
English Version
 

 

 


Wellness-Reisen als Krankenkassen-Präventionsleistung


Interview KrankenkassenRATGEBER mit Dr. Dr. med. Herbert Mück, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie/Sportmedizin (Köln) am 97.12.2005

1. Viele Krankenkassen bezuschussen im Rahmen ihrer Präventionsprogramme neuerdings Wellness-Reisen. Worin liegt aus medizinischer Sicht der Effekt solcher Angebote?

Diese Frage spricht den sog. Urlaub auf Krankenschein an, der seit gut einem Monat öffentlich diskutiert wird und z. B. den Versicherten von DAK und KKH ab April nächsten Jahres zur Verfügung stehen soll und auch von einem großen Reiseunternehmen beworben wird. Künftig erhalten interessierte Versicherte einen Zuschuss bis zu 150 Euro, sofern sie ihren Urlaub in entsprechenden Hotels verbringen, mit denen die erwähnten Krankenkassen kontrollierte Kur- und Fitnessprogramm entwickelt und vereinbart haben.

Ich begrüße diesen Ansatz, da er möglicherweise Menschen erreicht, die sonst kaum im Hinblick auf gesundheitsfördernde Maßnahmen aktivierbar sind, sei es weil sie Hemmschwellen haben, im heimischen Bereich in entsprechende Einrichtungen aktiv hineinzuschnuppern, sei es, weil ihr Alltag ihnen für solche Unternehmungen keinerlei Raum lässt.

Statt von Wellness würde ich in diesem Zusammenhang lieber von Fitness oder urlaubsintegrierten Gesundheitsmaßnahmen sprechen. Denn Wellness ist ein sehr schillernder Begriff, der häufig kritische Assoziationen weckt und seriöse Anbieter wie die Krankenkassen leicht in schlechten Ruf bringt. So ging vor einigen Jahren die Kritik um, dass Krankenkassen unter dem Deckmantel der Prävention, aber dem Ziel der Kundenwerbung und Kundenbindung „Bauchtanzkurse“ finanzieren würden. Das hat dem Präventionsansatz damals sicherlich auch geschadet. Unter dem Begriff Wellness lässt sich zudem fast alles verkaufen. Dagegen stellen Begriffe „Fitness“ oder „urlaubsbezogene Gesundheitsmaßnahmen“ deutlicher den Bezug zum Körper her. Zudem umfassen sie viele Maßnahmen, die mittlerweile wissenschaftlich geprüft und in ihrem Effekt bestätigt sind. Das gilt insbesondere für Ausdauer-, Kraft-, Koordinations- und Flexibilitätstraining. Auch die Ernährungsberatung, Entspannungskurse und ein sog. Antistresstraining gehören in das Paket bewährter gesundheitsfördernder Maßnahmen. Am Begriff Wellness ist nicht zuletzt auch kritisch, dass er vor allem das momentane Wohlbefinden beschreibt. Dieses kann jedoch flüchtig sein. Im Gegensatz dazu geht es den Krankenkassen um nachhaltige Veränderungen, die auf jeden Fall über die Dauer des Urlaubs hinauswirken und im Optimalfall lebenslang anhalten sollen.

Zurück zur Frage nach dem Nutzen, den „Urlaubs-Reisen auf Krankenschein“ erzielen können: Im Prinzip ist die Verbindung von „Reisen und Fitness bzw. Gesundheit“ alles andere als neu. Denn viele klassische Reiseformen dienen besonders der Fitness-Steigerung oder dem Fitness-Erhalt. Beispiele sind Reise-Angebote, in deren Mittelpunkt Wandern, Radfahren, Paddeln, Skifahren, Segeln und andere Sportangebote stehen. Auf solche Reisen zielt das neue Angebot der Krankenkassen nicht ab. Dies mag durchaus ungerecht erscheinen, da einige schon immer gesünder lebende Personen hierbei keine Förderung erhalten. Dass Gesundheit generell ein legitimes Urlaubsanliegen ist, spiegelt sich nicht zuletzt im Begriff der sog. Kurlaube wider, die schon lange und weitgehend kritiklos von Krankenkassen bezuschusst werden, also auch schon bisher einen „Urlaub auf Krankenschein“ ermöglichten. Wie schon die Bezeichnung „Kurlaub“ anklingen lässt, geht es dabei allerdings um kurative (also heilende) Maßnahmen und nicht vorrangig um Prävention.

Die von den Krankenkassen künftig unterstützten Gesundheits-Reisen verschreiben sich vor allem der Gesundheitsvorsorge. Dabei wenden sie sich insbesondere an Personen, denen diesbezüglich noch die notwendigen Erfahrungen bzw. Einblicke und Einsichten fehlen. Um in den Erhalt eines Zuschusses zu kommen, müssen sie bereit sein, einen nicht unerheblichen Teil ihrer Urlaubszeit dem Einüben gesunder Verhaltensweisen zu widmen. Dazu gehört die regelmäßige Teilnahme an qualifizierten Kursen, die am Urlaubsort angeboten werden. Vorerst ist offenbar an bewährte klassische Interventionsmaßnahmen gedacht, wie Bewegung, Ernährung und Entspannung (jeweils verbunden mit einer entsprechenden Schulung). Als Bewegungsformen dürften vor allem Wandern, Joggen, Radfahren, Schwimmen, Gymnastik und Krafttraining (z. B. im Rahmen einer Rückenschule) im Vordergrund stehen. Die Tatsache, dass die Teilnehmer auch einen Anteil an den Kurskosten übernehmen müssen (meist 20 Prozent) beugt der Gefahr vor, dass hier nur Trittbrettfahrer oder völlig Unmotivierte teilnehmen, nur weil es etwas kostenlos mitzunehmen gibt. In einigen Fällen lassen sich durch die Teilnahme an einem Urlaubskurs auch noch sog. Bonuspunkte erwerben, die ab einer gewissen Höhe von den Krankenkassen mit Prämien honoriert werden.

Der besondere Vorteil eines solchen Urlaubsangebotes besteht darin, dass die Zugangsschwelle niedriger liegt (nicht nur aufgrund der finanziellen Förderung). Auch Scham dürfte im Rahmen eines Urlaubsangebotes geringer ausfallen. Letztere könnte beispielsweise bei Personen eine Rolle spielen, die übergewichtig sind und am Wohnort nur einen einzigen Sportanbieter haben. Dort würden die Betreffenden riskieren, auf Bekannte zu stoßen und von diesen belächelt zu werden. Im Urlaub, also unter Fremden und vermutlich gleich Betroffenen, spielt diese Sorge vermutlich eine weitaus geringere Rolle.

Nach dem Motto „einmal ist keinmal“ gehört zu den besonderen Stärken des Urlaubsangebotes, dass über zwei bis drei Wochen konsequent ein neues Muster eingeübt wird. Wenn dieses mit Freude und Erfolg einhergeht (nämlich Fitnesssteigerung, besseres Körpergefühl, neue Genussmöglichkeiten, größere Entspanntheit und Spaß), ist die Wahrscheinlichkeit durchaus groß, dass die hoffentlich neue „Gewohnheit“ auch am Wohnort beibehalten wird.

Nicht zu unterschätzen ist der soziale Effekt: Da die meisten Fitness-Angebote ein Gruppen-Training beinhalten, wird es unweigerlich zu kommunikativem Austausch unter den Teilnehmern kommen. Diese haben durch die Kurse einen gemeinsamen Erfahrungsbereich, der Gespräche erleichtert. Solche Gespräche dienen nicht nur der Vertiefung des gemeinsam Erlebten, sie verdeutlichen den Teilnehmern auch, dass es  insbesondere durch Sport, aber auch im Rahmen von Entspannungs- und Ernährungskursen, leichter fällt, soziale Kontakte zu knüpfen. Diese Motivation zu Sporttreiben und gesunder Lebensführung sollte nicht unterschätzt werden, zumal Einsamkeit ebenfalls ein gesundheitlicher Risikofaktor ist. Auch Familiengesundheitsurlaube können vom sozialen Aspekt sehr profitieren, sofern sie die Erfahrung vermitteln, dass man gesunde Aktivitäten gemeinsam betreiben und die dabei erlebte Freude teilen kann.

Ehrlicherweise muss man natürlich auch die Grenzen eines solchen Gesundheitsurlaubs klar sehen und anerkennen: Mehr als ein Hineinschnuppern ist in ein bis drei Wochen nicht möglich. Das gilt besonders für Neulinge (z. B. extrem übergewichtige Personen), die nicht erwarten dürfen, den Urlaubsort vollkommen neu geboren zu verlassen. Denn gerade bei Anfängern darf die Belastung nur langsam, das heißt mit ausreichenden Abstand, gesteigert werden. In diesem Zusammenhang wird sich für die Krankenkassen ein organisatorisches Problem stellen: Ihre Angebote müssen ausreichend differenziert ausfallen. Sie sollten also auch bereits fitteren Urlaubern individuell befriedigende Trainingserfahrungen ermöglichen.

Entscheidend wird es sein, ob der Transfer von der Urlaubssituation in den Alltag gelingt (was ja bei anderen „Kurvarianten“ leider auch nicht immer gelingt). Hier sollten die Krankenkassen geeignete Formen der Nachbetreuung entwickeln, etwa indem sie Kontakte zu Gesundheitsanbietern am Wohnort vermitteln. Überlegenswert wäre auch eine Verpflichtung der vom Fitness-Urlaub profitierenden Krankenversicherten, einen Monat nach der Rückkehr einen „Erfahrungsbericht“ zu verfassen. In diesem sollte dann auch die Frage beantwortet werden, ob ein Transfer der Urlaubserfahrung in den Alltag erfolgte.

Ich würde mir wünschen und erwarte dies eigentlich auch, dass die beteiligten Krankenkasse die Effekte ihres Urlaubsangebotes auf ihre Dauerhaftigkeit überprüfen. Sollte sich ein anhaltender Effekt bestätigen, würde sich die entsprechende Investition mit Sicherheit langfristig auszahlen. Denn fast alle Modellrechnungen belegen, dass ein in die Vorbeugung investierter Euro sich in Form ersparter Krankheitskosten meist mehrfach wieder einspielt.

2. Gibt es bestimmte Berufs-, Risiko- bzw. Altersgruppen, denen Sie besonders zuraten würden, solche Präventionsprogramme zu nutzen?

Prävention nutzt jedem. Wir sind alle dem Risiko ausgesetzt, im Lauf des Lebens mit chronischen Erkrankungen konfrontiert zu werden. Diesen kann durch eine gesunde Lebensführung eindeutig entgegen gewirkt werden. Am besten belegt ist dies für Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes oder die Arthrose, bei denen Übergewicht und Bewegungsmangel sowie Fehlernährung zu den eindeutigen Risikofaktoren gehören. Wer schon übergewichtig ist, bei dem greift die „Vorbeugung“ schon nicht mehr voll.

Am sinnvollsten wäre es, schon im Kindergarten und in der Schule gesundheitsförderndes Verhalten zu verinnerlichen, was bislang – wenn überhaupt – nur im Rahmen des (zudem oft ausfallenden) Sportunterrichts erfolgt.

In einer Zeit, in der es immer mehr Single-Haushalte gibt und Depressionen offenbar zunehmen, sollte man auch „Einsamkeit“ als Gesundheitsrisiko ernst nehmen. Indem Gesundheitsurlaube Menschen zu gemeinsamen Aktivitäten und damit auch zum sozialen Austausch motivieren, dürften sie auch in seelischer Hinsicht vorbeugende Wirkungen entfalten.

3. Verbraucherbeschützer warnen vor sog. Wellnepp-Anbietern. Haben Sie Tipps für Wellness-Fans, wie sie schwarze Schafe der Branche erkennen können?

Wie in jedem Beruf und in jeder Branche existieren sicher auch im Wellness-Bereich schwarze Schafe. Es gibt mittlerweile sog. Gütesiegel, die von mehr oder weniger selbst ernannten Qualitätsprüfern erteilt werden, insbesondere im Fitnessbereich. Diese erlauben sicherlich eine grobe Vorauswahl. Das Fehlen eines Gütesiegels bedeutet allerdings nicht zwingend, dass die betreffende Einrichtung ein schlechtes Angebot macht. Vor allem kleinere und deswegen nicht schlechtere Einrichtungen können es sich einfach nicht leisten, die teuren Prüfgebühren zu erbringen, zumal diese oft jährlich gefordert werden.

Bei den erwähnten „Gesundheitsreisen“ dürfte sich das Problem nicht stellen, da die Krankenkassen daran interessiert sind, am Urlaubsort nur mit qualifizierten Betreuern zusammen zu arbeiten. Sie werden daher darauf achten, dass sich keine schwarzen Schafe einmogeln.

Zusammengefasst gilt für andere „Gesundheitsanbieter“:

-          Erfragen Sie, ob die Einrichtung ein „Gütesiegel“ aufweisen kann.

-          Bitten Sie Ihre Krankenkasse um eine Bewertung.

-          Befragen Sie Verbraucherverbände.

-          Fahnden Sie im Internet nach Beurteilungen bisheriger Nutzer.

-          Lassen Sie sich von der Einrichtung Unterlagen zusenden und bitten Sie um eine unverbindliche Besichtigungsmöglichkeit.

-          Vergleichen Sie die betreffende Einrichtung mit ähnlichen Anbietern.

4. Besondere Bemerkungen, Anmerkungen, Statements

Leider sind von den Krankenkassen gemachte „Wellness-Angebote“ vor einigen Jahren etwas in Verruf geraten. In Zeiten knapper werdender Versicherungsbeiträge flammte Kritik daran auf, dass Gelder zur Finanzierung von „Bauchtanzkursen“ und ähnlichem verschleudert würden. Dies hat die meisten Kassen zu einer restriktiveren Ausgabenplanung veranlasst, sehr zum Leidwesen des Präventionsgedankens. Nachdem in der letzten Legislaturperiode ein neues Präventionsgesetz entworfen wurde, was von der neuen Regierung möglicherweise aufgegriffen wird, bleibt zu hoffen, dass sich die Krankenkassen auch in diesem Bereich wieder stärker engagieren können.


Daraus wurde folgender Hörbeitrag entwickelt:

Storyboard

Wenn das Jahr seinem Ende entgegen geht, dann klopfen sie wie alte Bekannte an unsere Tür - die guten Vorsätze: Endlich gesünder leben, mehr Bewegung, mehr Sport, bewusstere Ernährung, weniger Stress.   

Einen guten Einstieg in eine bewusstere Lebensweise bieten Gesundheitsreisen und Aufenthalte in Wellness-Hotels. Was viele Verbraucher nicht wissen: Die Gesetzlichen Krankenkassen fördern solche lobenswerten Reisewünsche mit Zuschüssen.

So lassen sich z.B. bei einem Aktiv-Kurzurlaub bis zu 80% der anfallenden Kurskosten sparen.

Dr. Herbert Mück , Sportmediziner, Psychotherapeut und Wellness-Experte:

O-Ton1

Die von den Krankenkassen unterstützten Gesundheitsreisen verschreiben sich vor allem der Gesundheitsvorsorge. Künftig erhalten interessierte Versicherte einen Zuschuß bis zu 150 Euro, sofern sie ihren Urlaub in entsprechenden Hotels verbringen, mit denen die Krankenkassen kontrollierte Kur- und Fitneßprogramme vereinbart haben. Dazu gehört die regelmäßige Teilnahme an qualifizierten Kursen, auch die Ernährungsberatung, Entspannungskurse und ein sogenanntes Anti-Stress-Training gehören in das Paket bewährter gesundheitsfördernder Massnahmen. In einigen Fällen lassen sich durch die Teilnahme an einem Urlaubskurs auch noch sogenannte Bonuspunkte erwerben, die ab einer gewissen Höhe von den Krankenkasen mit Prämien honoriert werden.

Im Unterschied zu herkömmlichen Kuren darf Mann bzw. Frau sich durchaus als Urlauber fühlen. Spezielle Reiseveranstalter bieten Gesundheits-und Wellnessreiseziele in beliebten Urlaubsländern an. Krankenkassen wie die DAK oder die KKH vermelden langfristige Kooperationen mit Reiseunternehmen.

Denn fern von zu Hause fällt die Hemmschwelle schon mal leichter, sich mit Nordic Walking-Stöcken oder Schweißband in der Öffentlichkeit blicken zu lassen.

Aber was wird aus all den guten Anfängen, wenn mit dem Urlauber nach ein oder zwei Wochen auch der Alltag zurückgekehrt ist ? Noch einmal Dr. Mück:

O-Ton 2

Nach dem Motto "einmal ist kein mal" gehört zu den besonderen Stärken des Urlaubsangebotes, dass konsequent ein neues Muster eingeübt wird. Wenn dieses mit Freude und Erfolg einhergeht, nämlich Fitness-Steigerung, besseres Körpergefühl, neue Genußmöglichkeiten, größere Entspanntheit und Spass, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die neue Gewohnheit auch am Wohnort beibehalten wird.

Der Beitrag steht als MP3-Datei zum Download zur Verfügung unter:

http://www.infos.mueck.org/kkRATGEB_wellnessreisen.mp3


Weitere Links zum Thema "Medical Wellness":

http://www.bild.t-online.de/BTO/tipps-trends/gesund-fit/topthemen/2006/wellness/medical-wellness/ar-medical-wellness.html
http://www.dr-holiday.de/
http://www.bkk-essanelle.de/733.html